Spül‑, Waschmaschinen und Toilettenwasser fällt in deutschen Haushalten zur Genüge an. Das Verbundprojekt “ROOF WATER-FARM” untersucht, wie sich häusliches Abwasser dezentral aufbereiten und für die Gemüseproduktion nutzen lässt. Fraunhofer UMSICHT entwickelt in diesem zukunftsträchtigen Vorhaben ein neuartiges Aufbereitungsverfahren, das aus Toilettenwasser flüssigen Pflanzendünger herstellt. Eine Pilotanalage wurde in Berlin bereits erfolgreich in Betrieb genommen.
Rund 70 Prozent unseres verfügbaren Trinkwassers gehen in die Landwirtschaft über, welche wiederum 14 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen ausmacht. Um auch in der Zukunft eine ausreichende Wasser- und Nahrungsversorgung zu gewährleisten, müssen umweltschonende Alternativen zur landwirtschaftlichen Erzeugung von Lebensmitteln gefunden werden.
Frisches Gemüse und frischer Frisch direkt von den Dächern unserer Städte – das ist die Vision von “ROOF WATER-FARM”: Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt erprobt dafür die dezentrale Abwasseraufbereitung und ‑nutzung in Gebäuden und Siedlungsräumen. Denn statt häusliche Abwässer aus Dusche, Waschmaschine, Badewanne oder Toilette in Kläranlagen zu transportieren, lassen sie sich auch direkt vor Ort weiterverwerten.
In zwei unabhängigen Versuchstrecken wurde im Verbundprojekt das Toilettenabwasser (auch Schwarzwasser genannt) getrennt vom Abwasser aus Dusche, Waschmaschine, Badewanne so aufbereitet, dass schmackhafte Gurken und Salat geerntet werden konnten.
Dünger aus Abwasser
Erprobt werden alle für das Projekt entwickelten Konzepte und Verfahren in einem Gebäudekomplex als Pilotstandort in Berlin-Kreuzberg. Hier steht auch die von Fraunhofer Umsicht entwickelte Schwarzwasser-Flüssigdünger-Anlage, die aus Schwarzwasser mit einem hohen Gehalt an Nährstoffen (Stickstoff‑, Phosphat- und Kalium) flüssiges Pflanzendüngemittel gewinnt. Seit Inbetriebnahme bereitet die Anlage zuverlässig das Abwasser von 50 Anwohnern zu Flüssigdünger auf. Dieser wird wiederum für die Gemüseproduktion in einem Gewächshaus verwendet werden, das ebenfalls am Standort in Berlin-Kreuzberg steht, allerdings in dieser ersten Pilotphase noch auf dem Boden statt dem Dach.
Ökobilanzierung
Um die Umweltwirkung der im Projekt eingesetzten Elemente einschätzen zu können, haben Mitarbeitende von Fraunhofer Umsicht außerdem eine Ökobilanzierung durchgeführt. Dazu wurden Treibhausgasemissionen und Energieaufwand, die im Rahmen der Abwasserwasseraufbereitung und Gemüseproduktion anfallen, berechnet und mit etablierten Technologien verglichen. Die Ergebnisse der Ökobilanzierung vom Forschungsinstitut zeigen, dass aus klimarelevanten Aspekten die dezentrale Wasseraufbereitung und ‑nutzung eine mögliche Alternative zur zentralen Abwasseraufbereitung darstellt. Um künftig mit solchen Konzepten auch signifikante Mengen an Treibhausgasen einzusparen, müssten vor allem noch Technologien zur Wärmerückgewinnung aus Abwasser integriert werden.
Urbane Agrikultur
Fraunhofer Umsicht gehört in Deutschland zu den Pionieren für gebäudeintegrierte Lebensmittelproduktion. Unter der Dachmarke inFarming treibt das Institut den Aufbau und die Integration von Agrikultur in Städten voran. Durch die Verwendung von Dächern und Gebäuden als landwirtschaftliche Nutzflächen wird das Gemüse in unmittelbarer Nähe des Verbrauchers angebaut. Dadurch entfallen nicht nur weite Transportwege, auch Kohlendioxid-Emissionen werden auf diese Weise erheblich gesenkt. Um diese Ziele zu erreichen, hat das Institut vertikale Kultivierungsmethoden, Kreislaufverfahren für Nährstoffe und spezielle Belichtungsstrategien entwickelt.