Schadstoffe in Flüssen und Seen können selbst in kleinen Spuren eine Gefahr für Wasserorganismen darstellen. Diese Umweltproblematik ist im vergangenen Jahrzehnt stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangt. Zu den Spurenschadstoffen zählen Rückstände aus im täglichen Leben eingesetzten Chemikalien wie zum Beispiel aus Spültabs, Waschmitteln oder Duschgels ebenso wie aus Medikamenten, Kosmetika oder Pflanzenschutzmitteln. Die Stoffe gelangen über häusliche Abwässer in Kläranlagen, wo sie durch konventionelle Reinigungsmethoden vielfach nicht vollständig zurückgehalten oder abgebaut werden können. Über das gereinigte Abwasser werden sie deshalb in unsere Gewässer eingetragen. Unter der Leitung von Professorin Rita Triebskorn hat eine Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vom Institut für Evolution und Ökologie der Universität Tübingen untersucht, welche Auswirkungen verschiedene Klärtechnologien auf die Gesundheit von Fischen haben. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Abwassers im Einzelfall entschieden werden sollte, mit welchen Reinigungstechniken Wasserorganismen nachhaltig geschützt werden können. Ihre Studie wurde im Fachjournal Environmental Sciences Europe veröffentlicht.
Standardisierte Versuchsbedingungen
In ihre vergleichende Untersuchung bezogen die Forscher drei konventionelle Kläranlagen ein, von denen eine, das Klärwerk Langwiese auf der Gemarkung Ravensburg, im Studienverlauf zusätzlich mit einer Aktivkohlefilteranlage ausgerüstet wurde. Sie setzten jeweils ober- und unterhalb der Ein-leitungsstelle der Kläranlage Käfige mit Regenbogenforellen ins Wasser. „Gegenüber der Untersuchung von Wildfischen hat das den Vorteil, dass wir viele Eigenschaften der Fische, wie Alter, Ernährung und Entwicklungsstand, standardisieren können. So lassen sich etwaige Effekte auf die Gesundheit der Tiere klarer erkennen“, sagt die Erstautorin der Studie Sabrina Wilhelm aus dem Forschungsteam. Sie untersuchte mit etablierten Verfahren zum einen, ob die Zellkerne der Regenbogenforellen vermehrt gentoxische Veränderungen aufwiesen. Zum anderen wurde anhand bestimmter Leberwerte der Fische gemessen, ob sie verstärkt Entgiftungsprozesse zum Ab- und Um-bau von Spurenstoffen einsetzen mussten.
Von Fall zu Fall entscheiden
„Während wir bei einer der konventionellen Kläranlagen keine negativen Auswirkungen von Spurenschadstoffen auf die Gesundheit der Fische feststellen konnten, waren die kritischen Leberwerte bei den Regenbogenforellen unterhalb der zweiten konventionellen Anlage stark erhöht“, fasst Sabrina Wilhelm die Ergebnisse zusammen. „Auch beim Klärwerk Langwiese haben wir vor der Aufrüstung solche negativen Effekte gemessen.“ Hier habe die Ausstattung der Anlage mit dem zusätzlichen Aktivkohlefilter sowohl die fraglichen Leberwerte der Fische als auch gentoxische Effekte deutlich reduziert.
„Die Investitionen in moderne Klärtechniken kommen dem Wasserökosystem vor allem dann zugute, wenn konventionelle Technologien die Schadstoffe nicht ausreichend entfernen“, sagt Rita Triebskorn. „Je nach Zusammensetzung des Abwassers lassen sich jedoch negative Einflüsse auf Wasserlebewesen auch durch eine optimierte konventionelle Reinigung reduzieren.“ Unter dem Strich lohne es, in gute Abwasserreinigung zu investieren, um unsere Umwelt nachhaltig zu schützen.