Am 18. Juli versammelten sich über 100 Akteure der Wasser- und Wasserstoffwirtschaft im Klärwerk Steinhäule, um gemeinsam die Wasserstoffelektrolyse mit Reinstwasser aus gereinigtem Abwasser vorzustellen und zu diskutieren. Grüner Wasserstoff ist ein Hoffnungsträger der Energiewende, der auch in der Industrie vielseitig eingesetzt werden soll. Unklar ist bisher, ob Trinkwasser als Wasserquelle für die Wasserstoffelektrolyse die beste Wahl ist, denn für 1 kg Wasserstoff werden ungefähr 10 Liter Prozesswasser benötigt. Frischwasserressourcen werden in Zeiten des Klimawandels und stärker und häufiger werdenden Dürreperioden immer wertvoller wird. Eine konstant verfügbare Wasserquelle, die direkt und nahezu überall erschlossen werden kann, ist Abwasser.
Das Potenzial ist da, nun prüfen Forschende und Anwendende die tatsächliche Machbarkeit des Vorhabens, diskutieren Vor- und Nachteile der Wasserstoffelektrolyse auf Kläranlagen und arbeiten Synergiepotentiale heraus. Eine Plattform für diese gemeinsame Arbeit bot die Veranstaltung „Wasserstoff aus Abwasser“. Das EU Green Week Partner Event fand im Rahmen des Projekts KA4H2 (Kläranlagen für Wasserstoff) statt, einem Förderprojekt des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg. Neben einer Führung über die Kläranlage Steinhäule bot die Veranstaltung jede Menge fachlichen Input.
Jonathan Fuchs vom ZVK-Ulm Steinhäule stellte die Kläranlage vor und zeigte die Potentiale auf (Sauerstoff- und Wärmenutzung), die sie sich als Anlagenbetreiber von einem Elektrolyseur erhoffen.
Dr.-Ing. Florencia Saravia von der DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) legte in Ihrem Vortrag den Fokus auf den Wasserbedarf, denn um 10 Kilogramm Reinstwasser für die Wasserstofferzeugung zu produzieren braucht es wiederrum 12–13 Kilogramm Oberflächenwasser. Es wird deutlich, dass Wassermanagement ein integraler Bestandteil der Überlegungen zur Wasserstoffproduktion sein muss.
Saravias Kollege Jan Singer setzte sich in seinem Vortrag mit den Möglichkeiten zur Reinstwasserherstellung aus Abwasser auseinander. Bei der Produktion entstehen aufgesalzte Restströme. Die Auswirkungen dieser Ströme auf die Kläranlagenprozesse müssen weiter erforscht werden.
Dr.-Ing. Philipp Otter von der Universität Kassel gab schlussendlich eine erste Abschätzung: Kann die Wasserstoffproduktion auf Kläranlagen funktionieren? Die Antwort: Ja, das kann sie sogar für viele potenzielle Gigawatt Elektrolyseurleistung! Nun müssen Kennzahlen erarbeitet und der Einfluss der Wasserstoffproduktion auf den Kläranlagenablauf und die Gewässer untersucht werden.