Den Müll in Ozeanen und Meeren zu sammeln ist sehr aufwendig und teuer. Ein Team der Technischen Universität München (TUM) entwickelt in einem europäischen Kooperationsprojekt ein Robotersystem, das Abfall Unterwasser ortet und einsammeln kann. Dabei kommen Methoden des maschinellen Lernens zum Einsatz.
In unseren Meeren und Ozeanen befinden sich aktuell zwischen 26 und 66 Millionen Tonnen Plastikmüll. Der größte Anteil davon liegt auf dem Meeresboden. Eine gewaltige Bedrohung für im Meer lebende Pflanzen und Tiere sowieso das ökologische Gleichgewicht der Meere.
Doch das Reinigen der Gewässer ist aufwendig, teuer und oft auch gefährlich, weil meist Taucher eingesetzt werden müssen. Außerdem konzentrieren sich Reinigungsaktionen meist auf die Wasseroberfläche. Ein Team der TUM hat sich mit acht europäischen Partner-Instituten im Project „SeaClear“ zusammengetan und entwickelt ein Robotersystem, das auch Unterwasser Müll einsammeln kann.
Vier Roboter agieren gemeinsam
Das System setzt sich aus vier einzelnen Roboter-Komponenten zusammen: Ein autonom fahrendes Roboter-Boot führt einen ersten Scan des Meeresbodens durch und lokalisiert dabei größere Müllansammlungen. Dann wird ein Beobachtungs-Roboter ins Wasser gelassen, der den Müll in der Tiefe aufspürt und gleichzeitig weitere Informationen wie Nahaufnahmen des Meeresbodens an die Rechner liefert.
Bei klarem Wasser und guten Sichtverhältnissen sorgt zusätzlich eine Drohne aus der Luft dafür, dass weiterer Müll im Wasser erkannt wird. Mit Hilfe all dieser Informationen wird eine virtuelle Karte erzeugt. Ein Sammel-Roboter fährt dann bestimmte Punkte an der Karte ab und sammelt den Müll auf. Dabei werden größere Teile mit Hilfe eines Greifers in einem Korb, der mit dem Schiff verbunden ist, abtransportiert.
Herausforderung Strömung
„Autonome Roboter für den Einsatz Unterwasser zu entwickeln stellt eine ganz besondere Herausforderung“ sagt Dr. Stefan Sosnowski, Technischer Leiter des SeaClear-Projekts am Lehrstuhl für Informationstechnische Regelung an der TUM. Denn anders als an Land herrschen im Wasser ganz besondere Bedingungen. „Sobald ein Stück Müll identifiziert und geortet wurde, muss sich der Roboter zunächst in dessen Nähe bewegen. Dabei kann er mitunter auf starke Strömungen treffen, gegen die er sich durchsetzen muss. Das richtig auszusteuern, ist Aufgabe der TUM im SeaClear-Projekt.“
Effizientes Machine Learning
Dafür verwendet das Team Methoden des maschinellen Lernens. Eine Künstliche Intelligenz (KI) berechnet und lernt, wann und unter welchen Bedingungen sich der Roboter auf eine bestimmte Weise bewegt. So können genaue Vorhersagen über sein Verhalten getroffen werden.
„Eine weitere Herausforderung ist, dass wir nicht die gewohnte Rechenleistung wie an Land zur Verfügung haben“ sagt Prof. Sandra Hirche, Leiterin des Lehrstuhls und SeaClear Projektkoordinatorin. „Es gibt keine Anbindung an große Rechenzentren mit Hochleistungscomputern. Die Algorithmen, die wir entwickeln, müssen daher möglichst effizient und ressourcenschonend sein. Deswegen arbeiten wir schon seit einiger Zeit an Methoden mit hoher „Sampling Efficiency“, die mit möglichst wenig Daten möglichst gute Vorhersagen treffen können. Nicht benötigte Informationen werden von der KI einfach vergessen.“
Erfolgsquote von 90%
Wenn das SeaClear-System einmal voll einsatzfähig ist, soll es Unterwasserabfälle mit einer prognostizierten Quote von 80% klassifizieren und zu 90% erfolgreich einsammeln – vergleichbar mit dem Erfolg beim Einsatz von Tauchern. Erste Versuche mit dem Prototyp wurden im Oktober 2021 unter klaren Wasser- und Sichtverhältnissen im kroatischen Dubrovnik durchgeführt. Im Mai 2022 soll es weitere Versuche im Hamburger Hafen geben.