In der hochrangigen Fachzeitschrift Earth-Science Reviews nehmen David Piatka von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und weitere Autorinnen und Autoren aus dem im Bayerischen Netzwerk für Klimaforschung geförderten Projekt AquaKlif in einer Studie die Rolle des gelösten Sauerstoffs in Flüssen unter die Lupe. Dessen kontinuierlicher Eintrag ist für im Wasser lebende Organismen notwendig und durch viele Faktoren gefährdet. Anhand weltweiter Messdaten zeigt die Studie: Da Flüsse die biogeochemischen Informationen ganzer Einzugsgebiete integrieren, kann ihre Sauerstoffdynamik wichtige Hinweise auf die „Gesundheit“ der umgebenden Ökosysteme und Landschaften liefern.
Gelöster Sauerstoff ist eines der wichtigsten Elemente für den Großteil der Lebewesen im Wasser — aber gleichermaßen ein knappes Gut, da seine Löslichkeit begrenzt ist. Die Wassertemperatur, das Fließgefälle in Bächen und Flüssen und die angrenzende Landnutzung beeinflussen die Sauerstoffgehalte in Fließgewässern und deren Sedimenten. Gerade die Sedimente am Bachgrund sind für zahlreiche an und im Wasser lebende Arten ein wichtiger Lebensraum, in dem etliche Tiere das Ei- oder Larvenstadium verbringen. Die Autoren fassen die wichtigsten Quellen und Senken von gelöstem Sauerstoff in Flusssystemen zusammen und diskutieren seine Rolle in angrenzenden Seen, Stauseen, Böden und Grundwasser.
„Spannend waren nach der für ein Review-Paper notwendigen Literaturrecherche unsere eigenen Analysen, in denen wir mit zusammen mit Romy Wild von der TU München über 170.000 Messdaten von gelöstem Sauerstoff aus der Global River Chemistry Datenbank ausgewertet haben. So erfahren wir nicht nur etwas über die Lebensbedingungen im Fluss und an seinem Ufer, sondern auch wie es an den vielen kleinen Zuflüssen und in ihrem Umfeld aussieht. Mit dieser Methode können wir sogar für das gesamte Einzugsgebiet abschätzen, wie intakt die Natur dort ist. Die umfangreiche Auswertung der vorhandenen Daten lässt erwarten, dass die Klimaerwärmung allein schon aufgrund der geringeren Sauerstofflöslichkeit in wärmer werdenden Gewässern für aquatische Ökosysteme kritisch werden kann.“
— David Piatka, Hauptautor
Die Forscherinnen und Forscher schlagen abschließend vor, wie das Monitoring von Flüssen – die oft als „Integratoren ganzer Landschaften“ gesehen werden – weiter verbessert werden kann: Neben hochauflösenden Konzentrationsmessungen sind bessere Kenntnisse über Verweildauer sowie Quellen und Senken des Sauerstoffs wichtig. Neuere methodische Werkzeuge wie stabile Isotope, die Analyse von Eisenumsetzungen, biologische Untersuchungen und die Messung von im Wasser gelöstem Radongas können hier helfen. Diese Techniken werden aktuell im AquaKlif Projekt weiterentwickelt und angewandt.
„Der Artikel bringt viele Fakten über gelösten Sauerstoff in Flüssen erstmals auf globaler und kontinentaler Basis ans Licht“ betont Prof. Johannes Barth, in dessen Arbeitsgruppe für Angewandte Geologie David Piatka promoviert. „Ebenso wichtig ist es, die Umsetzung dieses lebenswichtigen Elements im Detail zu untersuchen: Wie sehen Bilanzen in kleinen Flüssen aus, wie wird Sauerstoff in Sedimente transportiert und mit welchen Raten wird er dort umgesetzt? Das sind entscheidende Fragen für lokale Funktionsweisen von aquatischen Ökosystemen.“ Diese wassergebundenen Lebensgemeinschaften liegen auch Prof. Jürgen Geist von der Technischen Universität München am Herzen: „Die Verfügbarkeit von gelöstem Sauerstoff ist für die Lebewesen im Gewässer von entscheidender Bedeutung. Mit dem Artikel ist es gelungen einen ganzheitlichen und globalen Blick auf die Bedeutung und die Umsetzungsprozesse von Sauerstoff in Gewässern zu bekommen. Aus dem Verständnis dieser Prozesse heraus können wichtige Indikatoren für den Zustand von Gewässersystemen abgeleitet werden.“
„Unser Artikel im renommierten Journal Earth-Science Reviews ist ein gelungenes Beispiel für gemeinsame Ansätze im Verbundprojekt, das Expertise aus Geowissenschaften, Hydrologie und Biologie zusammenbringt und so innovative methodische Ansätze vorschlagen kann“ freut sich Hydrologe Prof. Dr. Stefan Peiffer von der Universität Bayreuth, der das AquaKlif-Projekt als Sprecher vertritt.