Maike Wietbüscher, Brigitta Hörnschemeyer und Dennis Patrick Kliewer studieren Bauingenieurwesen an der FH Münster und sind Experten rund um Regenwasser. Für ganz unterschiedliche Bereiche: Oberflächen, Gewässer und das Kanalnetz. „Diese Bereiche sind Systeme, die sich in der Realität beeinflussen, in der Theorie und Planungspraxis aber oft getrennt voneinander betrachtet werden“, sagt Wietbüscher. „Mit unserer Software ‚SiWiRa‘ arbeiten wir übergreifend.“
„SiWiRa“ steht abgekürzt für siedlungshydrologisch-wirtschaftliche Rasteranalyse und ist ein Programm für Städte und Gemeinden. Es zeigt, wo Probleme in den drei Systemen Oberfläche, Gewässer und Kanalnetz im Stadtgebiet liegen und wo man am besten ansetzen kann, diese Probleme effizient und gleichzeitig wirtschaftlich zu beheben. „Wenn zum Beispiel in einer Stadt viele kleine Grünflächen vorhanden sind, kann Wasser gut versickern. Das ist eine konkrete Maßnahme an der Oberfläche, die sich aber auf das Kanalnetz auswirkt, da der Druck dort reduziert wird“, erklärt Hörnschemeyer den Ansatz. Gibt es also im Kanalnetz ein Überflutungsproblem, muss man nicht zwangsläufig die Rohre erweitern. Es geht schon mit kleinen Mitteln voran: Pflastersteine statt Asphalt für den Parkplatz, raue Oberflächen für Straßen, auf denen Wasser gut verdunstet, damit insgesamt weniger Wasser in die Kanäle strömt. „Das ist wirtschaftlich effizienter, weil man ja nicht alles aufreißen muss, um ans Kanalnetz zu gelangen“, so Kliewer.
Die Masterstudierenden haben der Software mehrere Karten zugrunde gelegt, auf denen Grundstücksflächen und Liegenschaften des jeweiligen Stadtgebiets eingezeichnet sind. Jede Karte ist mit einem Rastergitter versehen, dahinter verbergen sich Auslastungsdaten aus einem so genannten Geoinformationssystem, das öffentliche Einrichtungen pflegen. „Mit diesen Daten konnten wir rot einzeichnen, wo es im Extremfall überfluten würde“, erklärt Wietbüscher. Wo es keine Probleme gibt, leuchten die Karten grün. Das haben die Studierenden auch für Gewässer und das Kanalnetz gemacht, die einzelnen Karten übereinander gelegt und per Algorithmus verrechnet.
Nun folgt der Faktor Wirtschaftlichkeit. „Dabei haben wir mit dem gleichen System gearbeitet und den einzelnen Rasterzellen eine Bewertung zugeordnet“, erläutert Kliewer. Bewertungskriterien sind die Widrigkeit – wie aufwendig wäre es, hier zu bauen? –, das Schadenspotenzial – wie teuer wäre es, wenn hier eine Überflutung passieren würde? – und die Abschreibung – je nach Kosten und Alter der bisherigen Maßnahmen. „Heraus kommt eine Karte mit grünen Stellen, die wenig wirtschaftlich belastet sind und damit sinnvolle Potenziale für Baumaßnahmen bieten.“
Im letzten Schritt kombiniert das Computerprogramm das Kartenmaterial. „Jetzt zeigt es mit einer Nachbarschaftsanalyse auf einen Blick, wo Probleme und gleichzeitig Potenziale liegen“, resümiert Hörnschemeyer. „Also wo sich konkrete Maßnahmen an einer Stelle auch auf andere Problempunkte an anderen Stellen und in den anderen Systemen auswirken. Das macht das Programm zu einem intelligenten Planungsinstrument.“
Entstanden ist es bei einem bundesweiten Wettbewerb, dem Veolia PraxisCamp Wasser. Mit ihrer Software und der Präsentation hat das Team der FH Münster den zweiten Platz belegt. Dafür gab es 150 Euro pro Person. Fachliche und berufliche Heimat der drei Preisträger ist die AG Siedlungshydrologie und Wasserwirtschaft am Institut für Wasser – Ressourcen – Umwelt (IWARU) unter Leitung von Prof. Dr. Mathias Uhl. Dr. Malte Henrich hat die Arbeiten eng betreut.
Zum Thema: Im Veolia PraxisCamp Wasser ging es um eine möglichst ökologische Art und Weise der Regenwasserbewirtschaftung. Diese steht im Zusammenhang mit dem Stadtklima und Überflutungsschutz. Dabei treten Hochschulteams mit ihren Ideen und Präsentationen gegeneinander an, unterstützt von Fachmännern und ‑frauen aus der Branche. „SiWiRa“ punktete unter anderem mit seinem Innovationspotenzial und der schnellen, einfachen und visuell ansprechenden Handhabung.