Die Novellierung der Abfallklärschlammverordnung lässt den Betreibern kommunaler Kläranlagen bei der Verpflichtung zur Phosphorrückgewinnung die Wahl zwischen dem P‑Recycling aus der Asche der Monoverbrennung oder aus der Schlammphase. Für die P‑Rückgewinnung aus der Asche mit einer zu erfüllenden Mindestquote von 80% ist zunächst ein chemischer Aufschluss mit einer Mineralsäure erforderlich, dem eine große Anzahl weiterer Verfahrensschritte folgen.
Phosphorrückgewinnung aus der Schlammphase
Wie bei der Klärschlammasche ist auch das in der flüssigen Phase des Klärschlamms enthaltene Phosphat für die chemische Fällung und Abscheidung nicht direkt verfügbar. Bei Schlämmen von Kläranlagen mit überwiegend biologischer Phosphorentfernung, Bio‑P, kann das in den Zellen eingebundene Phosphat durch eine modifizierte Desintegration freigesetzt werden. Der Zellaufschluss der Klärschlamm-Biomasse mittels Hochleistungs-Ultraschall der ULTRAWAVES GmbH, Hamburg, führt zur Freisetzung des Phosphors aus den Zellen in die wässrige Phase. Das Herauslösung des Phosphors aus dem Überschusschlamm vor der Faulung in Abhängigkeit zum Energieeintrag ist in Abbildung 1 dargestellt. In der flüssigen Phase erfolgt entweder die chemische Fällung als Magnesiumammoniumphosphat (MgNH4PO4 * 6 H2O) oder eine Fixierung an CSH (Calcium-Silikat-Hydrat, H2CaO4Si) oder die adsorptive Bindung und Abscheidung über superparamagnetische Partikel (Fraunhofer IWKS). Das in das Fällungsprodukt Magnesiumammoniumphosphat integrierte sowie das an die superparamagnetischen Partikel adsorbierte Phosphat können durch weitere Behandlung zu hochreiner Phosphorsäure verarbeitet werden. Hierzu eignet sich die beim Institut für Technische Chemie der TU Bergakademie Freiberg entwickelte PARFORCE-Technologie. Bei der Erfüllung der aus der Abfallklärschlammverordnung resultierenden Anforderungen, mindestens 50 % des im Schlamm enthaltenen Phosphors abzuscheiden und zu verwerten oder den Grenzwert von 20 mg/kg zu unterschreiten, ermöglichen die thermische Behandlung des entwässerten Klärschlamms außerhalb der Monoverbrennung. Für diese Schlämme bleiben die Möglichkeiten der Mitverbrennung in Müllheizkraftwerken, in der Zementindustrie oder in Kohlekraftwerken – solange diese noch betrieben werden – erhalten. Für den Einsatz in der Zementindustrie ist die P‑Reduzierung von Vorteil.
Verbesserung der Schlammentwässerung
Die Entwässerung von Klärschlämmen ist eine der wichtigsten Grundoperationen der gesamten Klärschlammbehandlung (Merkblatt DWA‑M 366). Mit zunehmender Verpflichtung zur thermischen Verwertung entwässerter Klärschlämme in Abhängigkeit zur Qualität der Schlämme (Klärschlammverordnung, Düngeverordnung, Düngemittelver-ordnung) kommt den TR-Werten (TR: Trockenrückstand) größere Bedeutung zu. Für die thermische Verwertung sind unabhängig von der eingesetzten Verfahrenstechnik (Mitverbrennung, Monoverbrennung, Pyrolyse) hohe TR-Werte erforderlich. Insbesondere bei Klärschlämmen, die bisher einer bodenbezogenen Verwertung zugeführt werden, sind durch die (Mit-)Verbrennung steigende Entsorgungskosten zu erwarten. Eine effizientere Schlammentwässerung führt über steigende TR-Werte im entwässerten Klärschlamm zu geringeren Mengen beim Transport und bei der Verbrennung.
Schlammflocken kommunaler Klärschlämme sind an der Oberfläche generell negativ geladen. Die negative Ladung ist unterschiedlich stark ausgeprägt. Die Ladungsverschiebung an der Oberfläche der Schlammflocken in einem elektrischen Feld führt zu höheren TR-Werten beim entwässerten Klärschlamm oder zur deutlichen Einsparung an Polymer bei konstantem TR-Wert. In beiden Fällen wurden bei bisherigen Anwendungen auch Verbesserungen der Zentratqualität und sowie eine Reduzierung der Rückbelastung beobachtet. Der Aufbau des elektrischen Feldes erfolgt in einem Durchflussreaktor (ZetaOptimizer) über Hochspannung. Der Durchflussreaktor ist frei von Einbauten und wird somit vom zu behandelnden Klärschlamm frei durchströmt. Die Ladungsverschiebung an der Oberfläche der Schlammflocken wird vor der Polymerdosierung durchgeführt. Abbildung 2 zeigt den Vergleich der TR-Werte in Abhängigkeit zur Stärke des elektrischen Feldes. Dabei werden zwei Dekanter parallel betrieben und zeitgleich beprobt. Während bei Dekanter II im Untersuchungszeitraum keinerlei Veränderung vorgenommen werden, wird bei Dekanter I über das vor der Polymerdosierung installierte Hochspannungssystem ZetaOptimizer die Stärke des elektrischen Feldes variiert. Weitere Daten aus praktischen Anwendungen sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Das gesamte, modulare Verfahren ist in Abbildung 3 dargestellt. Weitere Untersuchungen zur Verbesserung der Schlammentwässerung werden derzeit gemeinsam mit dem Institut für Technische Chemie der TU Bergakademie Freiberg im Rahmen eines DBU-geförderten Projekts zum Abbau der EPS (exopolymere Substanzen) durchgeführt.
Sowohl Phosphor als auch EPS besitzen die Eigenschaft, intensiv Wasser zu binden. Die Phosphatreduzierung aus der Schlammphase in Verbindung mit der Zerstörung der EPS leisten einen erheblichen Beitrag zu deutlich höheren TR-Werten bei der Schlammentwässerung.
Fazit
Die Rückgewinnung des Phosphors ist weder aus der Asche der Klärschlamm-Monoverbrennung noch aus der Schlammphase mit geringem technischen Aufwand und niedrigen Kosten realisierbar. Das vorgestellte, modulare Verfahren eröffnet mehrere Möglichkeiten, bereits vor der Festlegung auf einen Weg der Phosphorrückgewinnung zu profitieren. Höhere TR-Werte bei der Schlammentwässerung führen zur Senkung der Entsorgungskosten, Einsparungen beim Polymerverbrauch tragen ebenfalls zu besserer Wirtschaftlichkeit bei und können auch bei der Frachtenregelung den entscheidenden Unterschied bieten. Die Nutzung des aus Klärschlamm gewonnenen Phosphats außerhalb der Landwirtschaft bietet Unabhängigkeit von jahreszeitlichen Reglementierungen und ermöglicht höhere Verkaufserlöse.