Etwa 75 Prozent des Wohnimmobilienbestandes in Deutschland wurde vor 1990 gebaut, was häufig sanierungsbedürftige Trinkwasserleitungen zur Folge hat. Müssen diese ausgetauscht werden, entstehen oft hohe Kosten aufgrund von Planungsarbeiten, der Anzahl der beteiligten Gewerke und spezifischen Standortfaktoren. Der konventionelle Austausch bei einem 10-Familienhaus kostet dann oft mehr als 120.000 Euro. Wesentlich schneller und günstiger lassen sich die Leitungen hingegen mit der Rohrinnensanierung ertüchtigen, damit sie für die Trinkwasserversorgung im Gebäude geeignet sind. Im Vergleich zum Totalaustausch verursacht sie deutlich weniger CO2-Emissionen, einen geringeren Wasserverbrauch und fast keine Abfälle oder Schadstoffe. Damit die Verfahren alle Anforderungen an Sicherheit, Materialreinheit und Nachhaltigkeit erfüllen, hat der Gesetzgeber 2021 juristisch nachgebessert und die Konformitätsbescheinigung gemäß der KTW-Bewertungsgrundlage für organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser verpflichtend eingeführt. Sie bestätigt, dass Materialien, die mit Trinkwasser in Kontakt kommen, gesundheitlich unbedenklich sind und keine schädlichen Substanzen abgeben. Damit es im Nachhinein keine unerwarteten Probleme gibt, sollten bei der Auswahl geeigneter Anbieter darüber hinaus einige Schlüsselfaktoren wie die Qualität der eingesetzten Verfahren und Materialien berücksichtigt sowie die Echtheit der Zertifikate überprüft werden.
Veraltete oder beschädigte Wasserleitungen stellen nicht nur ein Risiko für Wasserrohrbrüche oder Leckagen dar. Sie können auch die Gesundheit der Bewohner:innen gefährden, wenn die Grenzwerte für Trinkwasser durch ungewollte Ablösungen an und aus den Innenwänden überschritten werden, sobald das Wasser aus dem Wasserhahn kommt. Bisher war in solchen Fällen der komplette Austausch der Leitungen notwendig. Dies bedeutet aber nicht nur die Unterbrechung der Wasserversorgung für mehrere Wochen, sondern auch Kosten, die abhängig von Standortfaktoren wie dem Layout des Leitungsnetzes oder der Beschaffenheit der Rohre im fünf- oder sechsstelligen Bereich liegen können. Für ein Einfamilienhaus müssen dann beispielsweise je nach Gebäudeart etwa 40.000 Euro eingeplant werden, da nicht nur Planungsarbeiten durchgeführt werden müssen, sondern auch Arbeiten der verschiedenen beteiligten Gewerke vor und nach Aufbruch der Wände und Böden zu bezahlen sind.
Die Rohrinnensanierung hingegen verzichtet auf einen Großteil der sonst üblichen Arbeitsschritte, sodass sich sowohl die Gesamtzeit der Sanierung als auch der Preis halbieren lassen. Damit bei diesem Verfahren die Sicherheit der ertüchtigten Rohre sichergestellt werden kann, ist die Konformitätsbescheinigung gemäß der KTW-Bewertungsgrundlage für organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser des Umweltbundesamtes seit 2021 Pflicht für Unternehmen, die Techniken wie die Rohrinnensanierung einsetzen. Sie garantiert, dass die eingesetzten Materialien keinerlei gesundheitsgefährdende Stoffe enthalten und den strengen Anforderungen der Trinkwasserverordnung gerecht werden. Damit hat der Gesetzgeber einen klaren Rahmen geschaffen, der sowohl für Sicherheit als auch einen gewissen Qualitätsstandard sorgt. Für Sanierer und ausführende Bauunternehmen ist es in einem ersten Schritt daher essenziell, die Echtheit und Gültigkeit der Zertifikate zu prüfen, um nur Materialien zu verwenden, die auch wirklich den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Jedoch ist solch ein Nachweis allein noch kein Garant für eine langlebige, effiziente Lösung, weshalb bei der Wahl des Dienstleisters weitere kritische Faktoren berücksichtigt werden sollten.
Material- und Prozessqualität sowie Zertifikate im Vorfeld prüfen
Auch das beste Material verliert seine Wirksamkeit, wenn es nicht korrekt verarbeitet wird. Deshalb sind die Anwendungsvorgaben der Hersteller unbedingt einzuhalten. Dazu zählt etwa, dass die Rohre präzise vorgewärmt werden und das Material die empfohlene, ideale Temperatur bei der Einbringung besitzt. Zudem sollten unbedingt die korrekten Aushärtungszeiten vor der Wiederinbetriebnahme beachtet werden, um zu verhindern, dass das Harz weich und instabil bleibt. Strukturelle Schwächen, Risse und Ablösungen wären die Folge, die später kostspielige Nacharbeiten erforderlich machen. Darüber hinaus müssen die Beschichtungen gleichmäßig und ohne Lücken aufgetragen werden. Hierfür müssen die Rohre etwa durch ein Luft-Sand-Gemisch im Vorfeld gründlich gereinigt werden, um alle Ablagerungen zu entfernen und mögliche Leckstellen frühzeitig zu identifizieren.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Dauerbetriebstemperaturbeständigkeit des Beschichtungsmaterials. In der Praxis zeigt sich, dass einige Anbieter diese zwar bis zu 80 Grad Celsius angeben, das Material diesen Werten jedoch nur kurzzeitig standhält, etwa im Fall einer thermischen Desinfektion. Für den langfristigen Einsatz in Trinkwasserleitungen muss sich jedoch eine garantierte Beständigkeit bei einer Dauerbetriebstemperatur von mindestens 70 Grad Celsius nachweisen lassen, da Hausinstallationen aus hygienetechnischen Gründen immer öfter mit höheren Vorlauftemperaturen von bis zu 70 Grad Celsius betrieben werden. Hier lohnt sich vor der Beauftragung die Frage nach zertifizierten Prüfnachweisen, die diesen Wert belegen (sogenannte “Tg-Wert-Messung”).
Wachsender Markt für nachhaltige Sanierungslösungen
Einige Produkte und Verfahren werben nach wie vor mit vermeintlich zertifizierten Lösungen, deren Bescheinigungen jedoch veraltet oder gar gefälscht sein können. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten die verwendeten Zertifikate der Anbieter für Materialien und Verfahren daher auf ihre Echtheit und Gültigkeit geprüft werden. Dies lässt sich in der Regel schnell über die Homepage der jeweiligen Zertifizierungsstelle erledigen. Sind die Dokumente dort nicht gelistet, ist Vorsicht geboten: In diesem Fall sind tiefergehende Recherchen oder ein anderer Anbieter ratsam.
Insbesondere mit Blick auf die Nachhaltigkeit und die generell knappen Ressourcen im Baugewerbe zeigt sich, dass der Markt für alternative Sanierungslösungen wie die Rohrinnensanierung zunehmend an Bedeutung gewinnt, da die herkömmlichen Methoden des Leitungstauschs mit erheblichen ökologischen und wirtschaftlichen Nachteilen verbunden sind. Beim kompletten Austausch von Trinkwasserleitungen fallen hohe Mengen an CO2-Emissionen an – von der Herstellung der neuen Rohre über den Transport bis hin zum Energieaufwand für die aufwendigen Bauarbeiten. Zudem entsteht durch das Aufstemmen von Wänden und Böden eine große Menge an Bauschutt, der entsorgt werden muss. Auch der Wasserverbrauch ist höher, da die Herstellung und der Transport der neuen Materialien einen sehr hohen Wasserverbrauch mit sich bringen. Die Innensanierung hingegen verursacht korrekt durchgeführt deutlich weniger CO2-Emissionen, spart Wasser und reduziert Abfall, da keinerlei große Eingriffe in die Bausubstanz vorgenommen werden müssen und die Beschichtung einfach mittels Druckluftverteilung in die Rohre eingebracht werden kann. Auch hier lohnt es sich, genauer hinzuschauen und neben Zertifikaten auch aussagekräftige Referenzen anzufragen, die den Grad der Nachhaltigkeit unmissverständlich belegen.