Auf europäischer Ebene wurden in der Wasser-Rahmen-Richtlinie (WRRL) (Richtlinie RL 2000/60/EG) vom 23. Oktober 2000 die Umweltziele für alle Mitgliedstaaten verbindlich erklärt. Eine dort beschriebene Absicht war, bis Ende 2015 alle Oberflächengewässer und Grundwässer in einen guten Zustand zu versetzen. Leider wurde dies in keinem europäischen Mitgliedstaat erreicht, auch nicht in Deutschland. Deshalb wurde eine neue Frist für dieses wichtige Ziel gesetzt und soll jetzt am 22.12.2021 realisiert sein. Dafür ist insbesondere die Reinigung belasteter Abwässer erforderlich, um die europäischen Gewässer vor schädlichen Einleitungen zu schützen. Um die Rahmen dieser Richtlinie einhalten zu können sind Erweiterungen, Umbauten und Neubauten von Kläranlagen notwendig. Sera bietet neben einer breiten Palette modernster Dosieranlagen und ‑technik vor allem die Expertise, kommunalen und industriellen Kläranlagen aber auch Partnern bei der Zielerreichung zu helfen. Eine besondere Herausforderung war der Neubau der Kläranlage Prag auf der Moldau-Insel Císařský.
Die tschechische Hauptstadt Prag mit ihrer wunderschönen Altstadt, den vielen Restaurants und der Burg ist ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen aus der ganzen Welt. 2018 besuchten mehr als 7,8 Millionen Menschen die Stadt an der Moldau, in der ca. 1,3 Millionen Menschen leben.
So viele Menschen produzieren unweigerlich riesige Mengen an Abwasser. Nachdem eine verheerende Flut im Jahr 2002 Teile der bestehenden Kläranlage in Prag zerstört hatte wurde diese nur teilweise repariert. Da aber zu diesem Zeitpunkt schon klar war, dass die bestehende Anlage die zukünftigen Anforderungen der Bevölkerung, aber auch die strengen EU-Richtlinien hinsichtlich der Wasserqualität nicht würde erfüllen können wurde bereits damals die Ausschreibung eines Kläranlagen-Neubaus in die Wege geleitet. Um diese zu managen und gleichzeitig die hohen EU-Standards einzuhalten, hat die Stadt Prag 2011 den Auftrag zum Bau einer neuen Kläranlage an ein Konsortium aus WTE, Suez / Degremont, SMP und Hochtief vergeben. Die Baustelle war die Moldau-Insel Císařský gegenüber des Prager Zoos. Die Aufgabe bestand also nicht nur darin, eine hochmoderne Kläranlage mit enormen Kapazitäten zu bauen, sondern diese auch auf die Insel und in die Landschaft einzupassen.
Die Prozesse bei der Wasseraufbereitung sind, unabhängig von der Anlagengröße, immer gleich. Dies gilt auch für die Flockung von Polymeren. Die berechnete Kapazität der neuen Kläranlage in Prag betrug 1,2 Millionen EW (siehe Infokasten). Die größte Klasse von Kläranlagen in Deutschland beginnt bei 100.000 EW. Es war also klar, dass die schiere Größe der neuen Anlage in Prag eine Herausforderung für alle beteiligten Unternehmen sein würde.
Anfang 2015 erhielt der langjährige Sera Partner Hennlich s.r.o. aus Litomerice / Tschechien eine Anfrage von Degremont für die Lieferung von elf Polymerpräparationseinheiten in den entsprechenden Größen. Sera und Hennlich konnten Degremont nicht nur mit einem wirtschaftlichen Preisangebot überzeugen, sondern vor allem mit ihrer über 70-jährigen Erfahrung und ihrem Wissen im Bereich der Abwasserbehandlung.
Neben Stationen für die Aufbereitung auf 4 m³ / h wurden Einheiten für 16 m³ / h und 23 m³ / h benötigt. Die bewährte 3‑Kammer-Station PolyLine Flow von Sera ist standardmäßig bis zu 8 m³ / h verfügbar. Daher war eine maßgeschneiderte Lösung erforderlich. Nach detaillierten Berechnungen stellten die Sera Ingenieure fest, dass eine Skalierung des Designs nicht nur theoretisch möglich, sondern auch praktisch realisierbar ist. Die Statik der Tanks wurde neu berechnet und die von Sera hergestellten Rührwerke rekonstruiert. Außerdem musste die Versorgung mit großen Mengen Polymerpulver sichergestellt werden, sodass Big-Bag-Racks zusammen mit kundenspezifischen Trockengutdosierern geliefert wurden. Diese Ausrüstung garantiert den gleichmäßigen Fluss des Polymerpulvers in die Tanks und damit eine konstante Polymerqualität. Unter Einbeziehung der Nachverdünnungseinheiten, die ebenfalls auf die erforderlichen Durchflussraten skaliert wurden, konnte Sera ein schlüsselfertiges System für die Polymeranforderungen des Kunden liefern.
Zwei Jahre nach dem ersten Kontakt, nach mehreren hundert Stunden Berechnungen, Engineering und Montage verließen Anfang 2017 die PolyLines sowie die gesamte Zusatzausrüstung das Sera Gelände auf vier Lkw. Die erfolgreiche Inbetriebnahme erfolgte im Herbst 2018 und seit dem Start der neuen Kläranlage am 19. September 2018 arbeiten vier PolyLine Flow 23000 S, zwei PolyLine Flow 16000 S und fünf PolyLine Flow 4000 S inkl. Big-Bag-Racks, Trockengutdosierern und Nachverdünnungseinheiten zuverlässig und tragen dazu bei, dass im größten Klärwerk Tschechiens mehr als 4,1 m³ Abwasser pro Sekunde gereinigt werden.
Die Gesamtkosten für die Kläranlage beliefen sich auf 250 Millionen Euro und die Eingliederung in die Landschaft war erfolgreich: Die Architekten setzten große Teile der Anlage unter die Erde und legten einen Park darüber, der den Bürgern von Prag als Rückzugsort auf der Insel Císařský dient. Das gesamte Projekt verlief so erfolgreich, dass es 2018 bei den Global Water Awards 2019 als bestes Abwasseraufbereitungsprojekt der Welt nominiert wurde.