In einem Schreiben an Bundesministerin Lemke haben niederländische Wasserversorger, die zur Trinkwassergewinnung auf Wasser aus dem Rhein angewiesen sind, Grenzwerte für die Einleitung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen in den Rhein gefordert. Mit diesen Einleitungen verstößt Deutschland gegen die Vereinbarungen zur Wasserqualität, die in der nationalen und europäischen Gesetzgebung festgelegt sind. Niederländische Bürger und Unternehmen werden in den kommenden Jahren einen steigenden Bedarf an sauberem Trinkwasser haben, dessen Gewinnung durch die industriellen Einleitungen in Deutschland teurer wird.
Neuegein / Niederlande, 3. September 2024. In dem Brief erinnern die in RIWA-Rijn zusammengeschlossenen Trinkwasserversorger daran, dass die Bundesregierung zusammen mit den Niederlanden, Dänemark, Norwegen und Schweden Mitinitiator eines europäischen Verbots von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen ist. Der Direktor von RIWA-Rijn, Gerard Stroomberg, erklärt: „Die deutsche Regierung ist der Ansicht, dass per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen so schädlich sind, dass sie europaweit verboten werden sollten. Wir fordern die Ministerin auf, bereits jetzt Grenzwerte für die Einleitung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen in den Rhein festzulegen, bis das Verbot in Kraft tritt. Unsere Trinkwasserquelle für fünf Millionen Menschen in den Niederlanden verdient den höchsten Schutz.“
Vermeidung entscheidend
Die Vermeidung von Verschmutzung ist entscheidend. Denn was nicht flussaufwärts in den Rhein eingeleitet wird, muss von den niederländischen Trinkwasserversorgern auch nicht entfernt werden. Um diese Situation zu verbessern, setzt RIWA-Rijn auf internationale Zusammenarbeit und die Festlegung und Durchsetzung von Regeln. Dabei ist es wichtig, dass die Genehmigungen für industrielle Einleitungen Emissionsgrenzwerte enthalten, die die Trinkwasserfunktion des Flusses schützen. Aus dem Jahresbericht von RIWA-Rijn geht hervor, dass die Konzentrationen von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen im Rhein (Summe von 23 Verbindungen) im Jahr 2023 den empfohlenen Trinkwasserrichtwert des Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu um das drei- bis vierfache überschritten.
Deutschland
In Deutschland schreibt die Regierung keine verbindlichen Emissionsgrenzwerte für die Einleitung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen vor, die einzige Ausnahme ist Perfluoroktansulfonsäure. Aus diesem Grund werden zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen in den industriellen Einleitungsgenehmigungen Orientierungswerte für eine Summe von 14 Verbindungen verwendet, die rechtlich nicht durchsetzbar sind. Selbst eine Überschreitung dieser Orientierungswerte um einen Faktor zehn hat keine rechtlichen Konsequenzen. Für das Fehlen von Emissionsgrenzwerten wird auf das Fehlen einer besten verfügbaren Technik für die Behandlung von per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen aus Industrieabwässern verwiesen. Diese „beste Technik“ soll in Zusammenarbeit mit der Industrie im europäischen Rahmen ermittelt werden, und erst dann kann die Bundesregierung Emissionsgrenzwerte festlegen. RIWA-Rijn hält dies für den falschen Weg. Gesetzlich durchsetzbare Grenzwerte, möglicherweise mit einer Umsetzungsfrist, werden die Industrie dazu veranlassen, schneller bessere Reinigungstechniken oder Alternativen zu per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen zu entwickeln.
Rheinübereinkommen und europäische Richtlinie über Industrieemissionen
In diesem Jahr feiern wir das 25-jährige Bestehen der Übereinkommen zum Schutz des Rheins, in der die Rheinanliegerstaaten in Artikel fünf sicherstellen, dass das Einleiten von Abwasser, das die Gewässerqualität beeinträchtigen kann, einer vorherigen Genehmigung bedarf oder einer allgemein verbindlichen Regelung unterliegt, mit der Begrenzungen der Emissionen festgelegt werden. Und auch nach Artikel 14 der Europäischen Richtlinie über Industrieemissionen kann die zuständige Behörde strengere Genehmigungsauflagen festlegen als die, die durch den Einsatz der in den Schlussfolgerungen zur besten verfügbaren Technik beschriebenen Techniken erreicht werden können. Die Mitgliedstaaten können Vorschriften erlassen, die es der zuständigen Behörde ermöglichen, solche strengeren Auflagen festzulegen.
Wasserqualitätsziele für den Rhein strukturell nicht erreicht
Am Dienstag, den 3. September 2024, veröffentlicht RIWA-Rijn ihren Jahresbericht für 2023. Dieser Bericht beschreibt die Wasserqualität des niederländischen Teils des Rheineinzugsgebiets im Jahr 2023 am Grenzübergang Lobith und an den Entnahmestellen Nieuwegein, Nieuwersluis und Andijk. Auch in diesem Jahr kommt RIWA-Rijn zu dem Schluss, dass eine große Anzahl von Stoffen die Zielwerte überschreitet. Dies hat zur Folge, dass die Wasserversorger nicht in der Lage sind, mit einfachen natürlichen Reinigungsmethoden sauberes und gesundes Trinkwasser herzustellen. Auch das Ziel von Artikel 7.3 der Wasserrahmenrichtlinie wird nicht erreicht. Stroomberg erklärt: „Insbesondere die Belastung mit Stoffen aus dem kommunalen Abwasser, wie zum Beispiel Arzneimittelrückständen, nimmt zu. Dies steht im Widerspruch zum 30-prozentigen Reduktionsziel der Rheinministerkonferenz für 2020. Um die Arzneimittelrückstände zu reduzieren, ist es wichtig, die Verbesserung der Kläranlagen zu beschleunigen.“