Forscher:innen der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) und der Hochschule Mainz (HS Mainz) haben zusammen mit Praxis- und kommunalen Partnern im Verbundprojekt „Anreizsysteme für die kommunale Überflutungsvorsorge (AKUT)“ ein Beratungstool entwickelt, das kommunale Mitarbeiter:innen und Fachplaner:innen dabei unterstützt, Überflutungsschäden in Kommunen vorzubeugen. Im Mittelpunkt steht der Ansatz, alle Akteur:innen zusammenzubringen, Zielkonflikte zu überwinden und gemeinsam effiziente Gesamtlösungen zu generieren. Um das zu erreichen, setzt die Methode auf ein ortspezifisches Optimierungs- und Anreizsystem.
Infolge des Klimawandels nehmen Starkregenereignisse, wie sie in diesem Sommer aufgetreten sind, in Häufigkeit und Intensität zu. Grundsätzlich können sie alle Regionen Deutschlands treffen. Deshalb ist die Überflutungssicherheit eine der zentralen Herausforderungen für die Siedlungsentwässerung. Bei dieser komplexen Aufgabe müssen verschiedene kommunale und private Akteur:innen, also zum Beispiel Bürger:innen, Landwirt:innen, lokale Wirtschaft und Forstwirtschaft, interdisziplinär zusammenwirken. Für ein wirksames Vorsorgekonzept ist es erforderlich, Maßnahmen umsetzen, die sowohl dem Einzelnen als auch der Allgemeinheit dienen. So ist es beispielsweise häufig so, dass Überflutungsschutzmaßnahmen auf Grundstücken von Privatleuten oder Unternehmen umgesetzt werden müssen.
Wesentliche Voraussetzung für eine fruchtbare Zusammenarbeit ist ein Verständnis der Überflutungsvorsorge als kommunale Gemeinschaftsaufgabe, die nur gemeinsam bewältigt werden kann. Derzeit fehlt bei den einzelnen Akteur:innen jedoch die Bereitschaft, sich einem optimierten Gesamtlösungsprozess unterzuordnen. Hierbei mangelt es häufig an entsprechenden Anreizen.
Damit alle an einem Strang ziehen: Ortsspezifische, optimierte Strategien
Diesem Problem begegnet das Beratungstool ‘AKUT’. Es unterstützt Kommunen dabei, geeignete Vorkehrungen zu identifizieren und erleichtert so der lokalen Politik die Entscheidung über umzusetzende Maßnahmen. AKUT berücksichtigt dabei explizit das notwendige Zusammenwirken der verschiedenen Akteur:innen sowie die entsprechenden Anreize, welche diese dazu motivieren sollen, die Schritte umzusetzen. Das Tool kann nach kurzer Einarbeitung auch ohne IT-Fachwissen genutzt werden.
Anwender:innen zeichnen zunächst an möglichen Standorten Überflutungsschutzmaßnahmen zur Rückhaltung, beispielsweise Becken, Mulden, Flächen, oder Ableitung, zum Beispiel Rinnen, Gräben oder Böschungen, auf einer interaktiven Karte ein. AKUT bestimmt anschließend mittels eines mathematischen Modells eine optimale Auswahl aus diesen möglichen Maßnahmen. Dabei stellt es verschiedene Zusammenhänge dar, etwa die akteursbezogene Gefährdungslage und das zu erwartende Schadensausmaß, Wirksamkeit und Umsetzbarkeit der Vorsorgemaßnahmen sowie die erforderlichen individuellen Anreize.
So ermittelt das Tool unter Berücksichtigung der ortspezifischen Gegebenheiten der Kommune und der Beteiligungsbereitschaft der verschiedenen Akteur:innen eine optimale Handlungsstrategie. Diese beinhaltet eine Kombination baulicher Maßnahmen inklusive der zugehörigen Kosten und erforderlichen Anreize. Kartendarstellungen vor und nach der Optimierung veranschaulichen die zu erwartende Wirkung auf die Gefährdungslage.
Die Leitung des vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) geförderten Projekts lag bei Prof. Dr. Inka Kaufmann Alves von der HS Mainz, auf HSWT-Seite wurde es von Prof. Dr. Clemens Thielen durchgeführt. Neben den beiden Hochschulen waren an dem Vorhaben die igr GmbH und die Verbandsgemeinde Enkenbach-Alsenborn beteiligt. Unterstützt wurde es zudem durch die Verbandsgemeinde Nordpfälzer Land, die Kommunalwirtschaft Mittlere Bergstraße in Hessen, die Gemeinde Elxleben in Thüringen und das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität Rheinland-Pfalz.