Bessere Reinigungsleistung, höhere Reinigungskapazität, verbesserte Energieeffizienz, reduzierte Kosten: Das ist das Ergebnis der Modernisierungsmaßnahmen auf der Kläranlage Bramsche im Osnabrücker Land. Durch den Umstieg von Oberflächenrotoren auf am Boden angebrachte Plattenbelüfter sowie eine Kombination aus AERZEN Hybrid- und Turbogebläse inklusive der intelligenten Verbundsteuerung AERsmart wurde die Belüftung in den Belebungsbecken auf eine neue Stufe gehoben. Summa summarum konnte der Energiebedarf um 57 Prozent gesenkt werden.
50 Prozent kommunal, 50 Prozent Industrie: So beschreibt Betriebsleiter Frank Möller die Zusammensetzung des Abwassers seiner 1962 gebauten Kläranlage. Die Abwasserreinigung in Bramsche ist auf 60.000 Einwohnergleichwerte mit einer aktuellen Auslastung von 54.000 EWG ausgelegt. Nach zwei Erweiterungen in den Jahren 1972 und 1988 standen in den vergangenen drei Jahren grundlegende Modernisierungen auf dem To-Do-Zettel. Das Investitionsvolumen betrug rund eine Million Euro, die Maßnahmen wurden zu knapp 50 Prozent öffentlich gefördert. Ein Auslöser für das ehrgeizige Modernisierungsprojekt war unter anderem die Produktionserweiterung eines großen Lebensmittelbetriebs in Bramsche.
Im Mittelpunkt stand die neue Belüftungstechnik für die zwei Belebungsbecken. Sie haben eine Kapazität von jeweils 4.300 Kubikmeter. Statt den Luftsauerstoff wie bisher mit Oberflächenrotoren einzubringen, waren feinblasige Belüfter am Boden der fünf Meter tiefen Becken geplant. Diese Maßnahme verfolgt vor allem die beiden Ziele, die Reinigungsleistung sowie die Energieeffizienz zu verbessern. Für den notwendigen Sauerstoffeintrag pro Becken sorgt jetzt ein Verbund aus Turbogebläse und Drehkolbenverdichter von AERZEN. Die beiden Aggregate übernehmen im Gespann die bedarfsgerechte Versorgung der Belebung – wirkungsgradoptimiert und damit mit maximaler Energieeffizienz.
Hybrid- und Turbogebläse arbeiten als Team
Die Kombination aus Aerzen Turbo und Delta Hybrid schafft die Basis, um den kompletten Betriebsbereich der Kläranlage entsprechend des Lastgangs mit maximalem Wirkungsgrad abzudecken. Der Turbo vom Typ AT150 0.8 dient dabei als Grundlastmaschine und deckt energetisch effizient etwa 60 bis 70 Prozent der kompletten Betriebszeit ab. In Schwachlastphasen geht der Turbo vom Netz und übergibt die Sauerstoffversorgung der Belebung an den Drehkolbenverdichter vom AERZEN-Typ Delta Hybrid D52 S. In der Hochlastphase mit entsprechend üppigen CSB-Werten sind wiederum beide Aggregate aktiv.
Intelligente Verbundsteuerung AERsmart
Die heutige Lösung mit einem Verbund aus Hybrid- und Turbogebläse geht deutlich intelligenter – und damit effizienter – mit der elektrischen Energie um. Diese Architektur bringt in der Kläranlage Bramsche eine Energieeinsparung von mehr als 57 Prozent im Vergleich zur bisherigen Belüftung der beiden fünf Meter tiefen Belebungsbecken mit Oberflächenrotoren. Markus Leidiger, Leiter des Branchenmanagements Abwasser bei AERZEN, sieht den Erfolg des Projekts Bramsche nicht nur auf Hardware-Ebene. „Die 57 Prozent Energieeinsparungen haben alle Projektbeteiligten gemeinsam geholt. So eine Zahl kommt nicht einfach so von allein. Da braucht es die gute Zusammenarbeit aller.“ Gefragt ist zudem eine Steuerungsintelligenz, die den Verbund vollautomatisch regelt. AERsmart koordiniert in Bramsche die beiden Gebläsetypen lastoptimiert nach dem optimalen Wirkungsgrad. Wie bereits kurz geschildert, bedient in Bramsche der Aerzen Turbo die Grundlast an Sauerstoff – was in der überwiegenden Zeit der Nitrifikation der Fall ist. In Schwachlastphasen greift AERsmart ein, nimmt den Turbo vom Netz und schaltet in diesem Betriebspunkt auf den effizienteren Delta Hybrid vom Typ D52 S. Beide Aggregate machen sich gemeinsam stark, wenn die Abwasserwerte aufgrund einer Hochlast maximalen Sauerstoff notwendig machen.
Effiziente Sauerstoffversorgung
Damit die aus den Belüfterplatten am Boden der Belebungsbecken feinperlig aufsteigende Luft ausreichend Sauerstoff einträgt, steht AERsmart wiederum in Verbindung mit der Anlagensteuerung beziehungsweise der Prozessleittechnik der Abwasserreinigungsanlage Bramsche. Der Betrieb misst zur Steuerung kontinuierlich die Ammonium- und Nitratwerte. Die Daten fließen in einen Optec-Biologieregler, der alle miteinander verknüpften Abbauvorgänge berücksichtigt. Ein Ergebnis der ganzheitlichen Betrachtung ist der notwendige Sauerstoffbedarf, den die AERsmart wiederum in einen Volumenstrom umrechnet und dabei auch entsprechend der Wirkungsgradkennlienien festlegt, welches Aggregat den Bedarf energetisch am besten abdeckt.
Mit Wärmerückgewinnung Energie optimal nutzen
Einen weiteren Effizienzgewinn erschließt sich der Abwasserbetrieb durch die Wärmerückgewinnung auf der Druckseite der D52 S Hybrid-Aggregate. Etwa 40 kW thermische Leistung lassen sich heute nutzen, um den Heizungsrücklauf zu erwärmen. „Das reicht für das gesamte Werkstattgebäude und entspricht nominal etwa 80 Prozent unseres Gesamtbedarfs“, sagt Abwassermeister Frank Möller. Die Wärmerückgewinnung verfolgt das Ziel, die bei der Verdichtung von Gasen entstehende thermische Energie möglichst effektiv zu nutzen.
Neues Be- und Entlüftungskonzept für das Maschinengebäude
Mit einer abgestimmten Be- und Entlüftung des Maschinengebäudes ist in Bramsche darüber hinaus ein System installiert, das für die Gebläse selbst optimale Betriebsbedingungen schafft. Denn steigende Innentemperaturen im Maschinenraum wirken sich ebenfalls auf die Effizienz – und damit den Stromverbrauch – aus. Eine 15 °C höhere Raumtemperatur bedeutet einen Energieverlust von 5 %. Warme Luft hat eine geringere Dichte als kältere Luft. Folglich kommt weniger Sauerstoff pro Kubikmeter in der Belebung an. Das wiederum verlängert die Einschaltzeiten und kostet ebenfalls zusätzlich Energie.
Reduzierte Kosten dank moderner Technik und intelligenter Prozesse
Die Kläranlage Bramsche zeigt, wie sich heute mit verfügbarer Technik und der passenden Steuerungsintelligenz die biologischen Abbauprozesse im Abwasser auf effiziente und vor allem energiesparende Weise mit Sauerstoff versorgen lassen. In Summe ist es also gelungen, die Reinigungskapazität mit Hilfe eines intelligenteren Prozesses zu erhöhen und dabei auch noch die Stromkosten zu senken. „Investiert wird in Optimierungen und nicht in Beton – also die bauliche Erweiterung von Becken“, fasst Markus Leidinger zusammen. Die Einsparungen sind deutlich. Der Bedarf an elektrischer Energie sank von knapp 140.000 kWh pro Monat auf jetzt circa 60.000 kWh. Monetär steht dahinter ein Betrag von über 195.000 Euro im Jahr bei einem angenommenen Kilowattstundenpreis von 21 Cent.
Autor
Sebastian Meißler, Marketing, AERZEN