Herausforderung Klimawandel
Die hohen Temperaturen und die damit einhergehende extreme Trockenheit war eines der heißesten Themen im vergangenen Sommer. Die besondere Brisanz des Themas lässt sich stellvertretend an der Gemeinde Lauenau in Niedersachsen aufzeigen: Nachdem der Verbrauch über Tage hinweg zu hoch war, kam es im vergangenen Sommer zu einem Zusammenbruch der Wasserversorgung. Bis tief in den Herbst hinein waren die rund 4000 Einwohner:innen angeweisen, möglichst sparsam mit dem Wasser umzugehen.
Doch auch im bisher recht humiden Nordschwarzwald sind die anhaltenden Trockenphasen nicht mehr zu übersehen. Mit Abgabehöchstwerten von bis zu 30.000 m3 pro Tag wurde die Wasserversorgung der Stadtwerke Pforzheim (SWP) zu neuen Rekordabgaben gebracht. Die Menge der Grundwasserneubildung nimmt hingegen kontinuierlich ab. Seit 2002 gab es kein Jahr mehr, in dem sich der Grundwasserspiegel erholen konnte. Das Zusammenspiel von schrumpfenden Grundwasservorkommen und steigendem Verbrauch stellt das Trinkwasserlastmanagement der SWP vor allem in den Sommermonaten vor neue Aufgaben. Denn neben der Stadt Pforzheim werden auch umliegende Gemeinden vom Wassernetz der SWP versorgt; mit steigender Verbrauchstendenz.
Der Status Quo
Derzeit beziehen die SWP ihr Rohwasser aus den Trinkwasserschutzgebieten im Nagoldtal und den Enzauen. Außerdem wird dem Pforzheimer Wasser Fernwasser der Bodenseewasserversorgung (BMV) zugeführt. Die wichtige Wiederaufnahme der Trinkwassereinspeisung aus dem Grösseltal wird durch die Instandsetzung der Transportleitung entlang des Wasserleitungsweges noch vor dem Sommer 2021 anvisiert.
Zentraler Ort für die Wasserufbereitung ist das Wasserwerk Friedrichsberg. In der modernen Trinkwasseraufbereitungsanlage wird das Wasser aus den verschiedenen Brunnen in einer Ultrafiltrationsanlage und durch Umkehrosmose gefiltert, enthärtet und ins Wassernetz eingespeist.
Diese Aufbereitungsanlage stellt bereits einen wichtigen Schritt in in Richtung einer modernen Wasserversorgung dar, offenbart zeitgleich aber auch Problematiken, die sich in (naher) Zukunft eher zuspitzen als verbessern: Trinkwasser wird knapper, die Belastung mit Nitraten, Hormonen und anderen Verunreinigungen höher. Auch wenn insbesondere die Belastung mit Hormonen und Nitraten in Pforzheim noch kein beachtenswertes Problem darstellt, beobachten die SWP die aktuellen Entwicklungen aufmerksam. Besonders die globale Zunahme an Wasser, das mit sogenannten per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS, PFT oder auch PFC) kontaminiert ist, wie sie etwa in Feuerlöschschäumen, Imprägniersprays oder in der Textil- und Papierindustrie zum Einsatz kommen, beschäftigt mittlerweile sogar die Politik. Diese Verbindungen können sich langfristig im Gewebe des Menschen anreichern und weisen eine nur sehr geringe biologische Abbaubarkeit auf.
Die wasserwirtschaftliche Strategie der SWP
Die vorangestellt geschilderte Entwicklung steht dem Stellenwert, den Trinkwasser hat – oder haben sollte –, entgegen. In der Präambel der EU-Wasserrahmenrichtlinie heißt es dazu:
„Wasser ist keine übliche Handelsware, sondern ein ererbtes Gut, das geschützt, verteidigt und entsprechend behandelt werden muss.“
Als Netzbetreiber und Wasserversorger sehen die SWP es daher als Pflicht an, diesen Grundsätzen zu folgen und ihre Wasserwirtschaft explizit danach auszurichten.
Um diesen zukünftigen Herausforderungen in der Wasserversorgung gerecht zu werden, stellen die SWP ihre wasserwirtschaftliche Strategie vor. Diese steht auf mehreren Säulen: Den Erhalt der Versorgungssicherheit, der Wirtschaftlichkeit, der Kundenfreundlichkeit. Zudem müssen Aspekte der Unternehmenssteuerung, der politischen Ebenen und des menschgemachten Klimawandels mitbedacht werden.
Insbesondere die Sicherung der Versorgung durch ein stabiles Wassernetz, der Erhöhung der Eigenwasserproduktion in der Region und dem Schutz der Ressourcen und der Umwelt beziehungsweise der Sicherstellung der (hydro-)geologischen Gegebenheiten, die einen gesunden Grundwasserspiegel ermöglichen, sind dabei zu beachten.
Ziel der Strategie ist es, langfristig dafür zu sorgen, dass
- die Wasserneubildungsrate wieder steigt,
- die Wasserqualität verbessert wird und Schadstoffe nicht in das Grundwasser gelangen,
- das gesammelte Know-How an die folgenden Generationen sowie die umliegende Gemeinden weiterzugeben und diese zu unterstützen und
- die bestehenden Wasserschutzgebiete und ‑zonen nach §51 des Wasserhaushaltsgesetzes sichergestellt und erweitert werden,
um eine regionale und nachhaltige Wasserwirtschaft zu ermöglichen und auf die Supplementierung von Fernwasser langfristig verzichten zu können.
Der Fokus liegt insbesondere darauf, die Bürger:innen Pforzheims und der umliegenden Gemeinden mit gesundem, sauberem Trinkwasser zu versorgen und die steigende Nachfrage nachhaltig zu stillen.
Um dies zu bewerkstelligen, müssen geltende Gesetze zum Schutz der Brunnen und Quellen durchgesetzt und der Eintrag von jeglichen Schadstoffen sowie die Flächenversiegelung – insbesondere dort, wo Grundwasservorkommen vorhanden sind und genutzt werden – minimiert werden. Nur so können wir die Abhängigkeit von energieintensivem Fremdwasserbezug mindern und die Wassergewinnung der Brunnen in den unteren Enzauen zu erhöhen.
Zentral für das Vorhaben sind handfeste Investitionen in das Transportsystem, etwa in die Wasserversorgungsleitung aus dem Grösseltal oder am Davosweg. Auch die Optimierung des bestehenden Netzes ist Teil der wasserwirtschaftlichen Strategie.
Denn, soviel steht fest: Die Eigenwasser-Ressourcen sind ausreichend vorhanden. Waren es in den letzten Jahren lediglich 36 % des gesamten Trinkwassers, das die SWP aus regionalen Quellen und Brunnen bezogen, ist eine Steigerung auf 70 % der Eigenwasserproduktion bis 2030 das Ziel.
Für die Bürger:innen und die SWP als Versorger bedeutet dies einen vorbeugenden und nachhaltigen Schritt in Richtung Krisenvorsorge in der Region. Mit der Wahrnehmung der klar definierten wasserwirtschaftlichen und klimatischen Strategien verfolgen die SWP die Sicherung der Lebensgrundlage von Mensch und Natur in unserer Region. Dieses nachhaltige Schutzziel darf nicht durch gewerbliche Planungen in Wasserschutzgebieten in den Hintergrund geraten. Diese sind immer mit Bodenversiegelungen und massiven Eingriffen in den klüftigen Untergrund sowie mit der Anwendung von umwelt- und gewässerschädlichen Stoffen verbunden. Sie stellen in Folge eine nachhaltige potenzielle Gefährdung der Grundsicherung der Wasservorkommen unserer Mitbürger:innen dar. Sauberes Trinkwasser ist mehr als eine Ware – es ist ein lebensnotwendiges Gut und ein grundlegendes Menschenrecht.