Die Luft über dem Asphalt flirrt in der Sonne. Die Abgaswolke ist genauso heiß wie die Umgebung. Die Fußgängerin sehnt sich nach einem kühlen Luftstrom. Heiß war es letzten Sommer – und noch heißer in Städten, in denen die Hitze stand. Es bildeten sich sogenannte Hitzeinseln. Die heiße Luft konnte nirgendwohin und es gab kaum Möglichkeiten zur Abkühlung. „Insgesamt kommt es zu immer mehr Hitze in unseren Städten“, sagt Birgitta Hörnschemeyer, Doktorandin im Institut für Infrastruktur – Wasser – Ressourcen – Umwelt (IWARU) der FH Münster. „Dieser Effekt wird durch Emissionen verstärkt, zum Beispiel vom Straßenverkehr oder der Industrie. Oder durch dicht stehende Bebauung, die die Frischluftzufuhr mindert und zusätzlich in den Nächten Wärme abstrahlt.“ In der Arbeitsgruppe Siedlungshydrologie und Wasserwirtschaft bei Prof. Dr. Mathias Uhl forscht sie an Fragestellungen der ressourceneffizienten Regenwasserbewirtschaftung.
Denn jegliche Bebauung bedeutet einen Eingriff in den natürlichen Wasserhaushalt – eine Zunahme des Abflusses, während Verdunstung und Versickerung gemindert werden. Gleichzeitig bedeutet Verdunstung auch immer eine leichte Abkühlung der Umgebung. Und so wird klar: Fördert man die Verdunstung als Bindeglied zwischen Wasserhaushalt und Stadtklima, können gezielte Konzepte ein ausgeglicheneres Wasserregime wiederherstellen und den Menschen die lang ersehnte Abkühlung in den Straßen bringen sowie Hitzeinseln mindern.
Zur Erarbeitung solcher Konzepte braucht es präzise Modelle, mit denen sich verschiedene Szenarien simulieren und durchspielen lassen. Hörnschemeyer macht dies mit einer Software, die für Simulationen im Bereich Wasserhaushalt gängig ist, das Storm Water Management Model (SWMM). Dafür hat sie in ihrer Masterarbeit einen neuen Baustein entwickelt, mit dem sich die Verdunstung von Grünflächen genauer simulieren lässt. Denn von befestigten Flächen mit Häusern und Parkplätzen verdunstet nicht so viel Wasser wie von grünen Wiesen oder Teichen. Und es geht noch kleinschrittiger. „Das, was wir die Verdunstung der Pflanze nennen, ist in Wahrheit die Summe mehrerer kleiner Verdunstungsprozesse: benetztes Wasser direkt von der Blattoberfläche, über die Wurzeln aus den Blättern heraus und direkt von der Bodenoberfläche. Da kann man sich vorstellen, dass dies von vielen Faktoren abhängt: Welche Pflanze habe ich? Wie groß ist ihre Blattoberfläche und wie tief reichen ihre Wurzeln? Ist der Boden trocken oder sehr feucht?“ Ebenfalls spielen der Stand von Sonne und Pflanze eine wichtige Rolle: Eine Pflanze gibt weniger Wasser ab, wenn sie im Schatten steht.
Diese Details konnte SWMM bislang nicht abbilden – mit dem neuen Baustein sieht es besser aus. Die Software erstellt realitätsnähere Ergebnisse, so dass viele verschiedene Grünflächen abgebildet werden können: Bäume, Hecken oder Büsche genauso wie die grüne Wiese oder Gründächer. Damit können beispielsweise Konzepte erarbeitet werden, wo Verdunstung wie eingesetzt werden müsste, um ein angenehmes Stadtklima zu schaffen. Eine Idee wäre zum Beispiel grüne Fassaden. „Die Fassade ist ein großer, weitgehend ungenutzter Flächenanteil. Wenn man sie begrünt, kann das in der Summe für Verdunstung und somit für Abkühlung sorgen“, erklärt Hörnschemeyer. „Da gibt es schon ein paar coole Konzepte, beispielsweise in Mailand oder China.“
Momentan gleicht die Doktorandin ihre Simulationen noch mit Messdaten ab und passt die Software ihres Bausteins weiter an. Insgesamt drei Klimastationen und zwölf Bodenfeuchtesonden auf dem Gelände des Fachhochschulzentrums (FHZ) liefern ihr dafür rund um die Uhr die benötigten Daten.