Am 5. März hatte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) einen Tipp parat, wie Wärme aus Abwasser zurückzugewinnen und ein Wärmeleck in der Gebäudetechnik zu schließen ist: In einem DBU-geförderten Projekt des Ingenieurbüros „Nolde & Partner innovative Wasserkonzepte“ in Berlin wurden verschiedene Mehrfamilienhäuser in Berlin und Frankfurt am Main mit Wärmerückgewinnungs-Systemen von unterschiedlichen Herstellern im Praxisbetrieb untersucht und bewertet – mit aufschlussreichen Erkenntnissen.
Über das im Durchmesser nur etwa 150 Millimeter enges Abwasserrohr entweicht mehr Energie als über die gesamte Außenhülle eines gut gedämmten Mehrfamilienhauses. „Eine dezentrale Wärmerückgewinnung aus häuslichem Abwasser kann also enorm viel Energie und Geld sparen“, sagt DBU-Generalsekretär Alexander Bonde. „Außerdem erwärmen sich Städte weniger, der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) wird vermindert. Beides dient dem Klimaschutz.“ Hinzu kommt: Wenn das Abwasser aus Badewanne, Dusche, Handwaschbecken sowie Wasch- und Geschirrspülmaschinen noch gereinigt und für die Toilettenspülung genutzt wird, kann erheblich Trinkwasser eingespart werden. Bonde: „Angesichts des Klimawandels und der dadurch verursachten Trockenperioden müssen diese Potenziale verstärkt genutzt werden.“
Schon einfache Systeme sparen Energie und CO2 ein
In öffentlichen und privaten Gebäuden in Deutschland werden etwa 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs für Heizung, Warmwasser und Beleuchtung verwendet. „Dies sind fast 20 Prozent des gesamten Kohlendioxid-Ausstoßes in Deutschland“, sagt Projektleiter Erwin Nolde. Von den 40 Prozent entfällt nach seinen Worten „mehr als die Hälfte auf Wohngebäude“. Nolde: „Selbst einfache Systeme könnten die Energieeffizienz eines Gebäudes erhöhen und so den CO2-Ausstoß verringern.“ Ein Beispiel aus einem DBU-geförderten Projekt: In einem Mehrfamilienhaus in Berlin wurde Abwasser aus Badewannen und Duschen über einen Wärmetauscher geführt, um das kalte Trinkwasser auf 25 Grad Celsius vorzuwärmen. Anschließend wurde es mit einem Blockheizkraftwerk auf mehr als 60 Grad Celsius Endtemperatur erhitzt. „Die Energieeinsparungen entsprachen etwa einem Drittel des Wärmebedarfs für Warmwasser“, so Nolde.
Sogenanntes Grauwasser hat hohes Wärmepotenzial
Für die Wärmerückgewinnung empfiehlt Nolde, leicht verschmutztes sogenanntes Grauwasser, das etwa aus Badewanne, Dusche und Handwaschbecken kommt, von Toilettenwasser, sogenanntem Schwarzwasser, zu trennen. „Grauwasser hat mit etwa 30 Grad Celsius ein hohes Wärmepotenzial wie sich auch am Beispiel eines Frankfurter Passivhauses zeigte“, so der Ingenieur. Die höchste Wärmerückgewinnung lieferte ein Verfahren, bei dem nach einer Reinigung des Grauwassers Wärme über einen Rohrwärmetauscher entzogen wurde. Auf diese Weise wird das Trinkwasser laut Nolde „auf 40 Grad Celsius vorerwärmt und damit etwa doppelt so viel Wärme zurückgewonnen wie bei der einfachen Lösung im Berliner Mehrfamilienhaus“.
Würde noch das Abwasser aus Waschmaschinen genutzt und die Rohre der Warmwasserleitungen entsprechend isoliert, „würde man dem Ziel der CO2-neutralen Warmwasserbereitung schrittweise immer näher kommen und einen noch deutlicheren Beitrag zur Wärmewende leisten, insbesondere wenn der Strom für die Wärmepumpe aus der eigenen Photovoltaik-Anlage stammt“, so Nolde.
Kombination aus Wärmerückgewinnung und Wasserrecycling entlastet die Umwelt deutlich
Mit Blick auf das Wasserrecycling zeigten langjährige Untersuchungsergebnisse bei einem Mehrfamilienhaus mit 73 Wohneinheiten in Berlin, dass selbst stark belastetes Küchenabwasser nach der Reinigung als hochwertiges Betriebswasser etwa für die Toilettenspülung bereitgestellt werden kann. Nolde: „Sogar während der Pandemie, als die Menschen mehr zu Hause und erheblich höhere Abwassermengen im Mehrfamilienhaus zu verzeichnen waren, funktionierte die Anlage einwandfrei.“
Sowohl die Wärmerückgewinnung als auch das Grauwasserrecycling tragen nach Noldes Worten bei Investitionskosten von einmalig ein bis zwei Monatsmieten deutlich zur Umweltentlastung bei und mildern die Auswirkungen des Klimawandels. Wegen zugleich sinkender Betriebskosten sollte beides „zum Standard im mehrgeschossigen Wohnungsbau gehören“, so Nolde. Einer breiten Einführung stehe technisch nichts im Wege, „zumal der Nutzen nachgewiesen ist und es weder hygienisches Risiko noch Komfortverluste gibt“, sagt der Projektleiter.