Forscher versuchen mit Hochdruck deren immer noch unbekanntes Gefährdungspotenzial von winzigen Kunststoffpartikeln zu verstehen – und fanden jetzt einen innovativen Weg, Mikro- und Nanoplastik aus Wasser zu entfernen.
“Seit dem Beginn der Massenproduktion von Kunststoffprodukten sind 6,3 Mrd. Tonnen Plastik produziert worden (2015) mittlerweile sind es bereits 8,3 Mrd. (2017). Nur 9 % davon wurden recycelt und 12 % verbrannt. Die restlichen 79 % landen auf Deponien in der Umwelt oder sind noch in Gebrauch. Wohin ist also der ganze Rest verschwunden? Einiges des sogenannten “missing plastic” ist in die Tiefsee gesunken, hat sich im arktischen Eis agglomeriert, wurde wieder an Strände angespült oder hat die Mägen von Millionen von Meerestieren pro Jahr gefüllt, die daran zugrunde gingen.”
— Andreas Fath
Die aus dem Zerfall von Kunststoffen in der Umwelt verbleibenden Partikel messen teils nur wenige Tausendstel oder sogar Millionstel Millimeter, wobei die Risiken dieser Substanzen für den menschlichen Organismus weitgehend unbekannt sind, denn es fehlen bislang belastbare Daten als Grundlage für eine Risikobewertung. Hier setzt das am 1. April 2021 gestartete Projekt “Polyrisk” an, das vom EU-Programm Horizon 2020 mit 5,9 Millionen Euro gefördert wird. Es soll in den kommenden vier Jahren mögliche Risiken von Mikro- und Nanoplastik grundlegend erforschen. Auf deutscher Seite ist unter anderem die Bundesanstalt für Materialforschung und ‑prüfung (BAM) an Polyrisk beteiligt.
Die BAM forscht nach eigenen Angaben seit mehreren Jahren zu Mikroplastik und hat ein neuartiges und schnelleres Nachweisverfahren für die Polymerpartikel in Umweltproben entwickelt sowie die weltweit ersten Referenzmaterialien in diesem Forschungsthema. “Für Polyrisk werden wir insbesondere unsere Test- und Referenzmaterialien für Mikroplastik weiterentwickeln und solche für Nanoplastik ganz neu herstellen”, sagt Korinna Altmann von der BAM.
“Sie sind die Voraussetzung, um validierte Methoden für die Probenentnahme und ‑bewertung entwickeln zu können und damit die Grundlage für die empirische Datenerhebung.” Zuerst soll an der BAM ein Referenzmaterial für Polyethylen (PET) entstehen, das beispielsweise für Trinkflaschen verwendet wird. In Ergänzung zu Polyrisk fördert die EU im Rahmen von Horizon 2020 das Projekt “Plasticsfate”, das ebenfalls mit 5,9 Millionen Euro Fördermitteln ausgestattet ist. Auch für dieses EU-weite Konsortium wird die BAM neue Referenzmaterialien für Mikro- und Nanoplastik umfassend physikalisch und chemisch charakterisieren.