Die SAMSON AKTIENGESELLSCHAFT und die InfraServ GmbH Co. Wiesbaden KG haben einen wichtigen Meilenstein im Rahmen einer Kooperation für digitale Transferlösungen in Richtung einer Industrie 4.0 erreicht. SAMSON ist ein Anbieter von System- und Produktlösungen für die Steuerung und Regelung von Medien aller Art mit mehr als 110 Jahren Kernkompetenz in der Stellventiltechnik. Das Unternehmen beschäftigt sich intensiv mit der Einbindung smarter Produkte in das „Internet der Dinge“ (Industrial Internet of Things / IIoT). InfraServ Wiesbaden ist seit 1997 Standortbetreiber des zweitgrößten hessischen Industrieparks in Wiesbaden mit aktuell rund 75 Standortunternehmen. Die Versorgung mit Energien, die Abwasserentsorgung und moderne Infrastruktur- und Industriedienstleistungen zählen zu den Kernaufgaben.
Als gemeinsames Pilotprojekt ist mit dem Start einer strategischen Entwicklungskooperation im Oktober 2019 vereinbart worden, die Prozesse der Biologischen Abwasserreinigungsanlage (BARA) im Industriepark zu optimieren. Das Pilotprojekt startete Anfang 2020. Im Januar 2021 wurde mit dem Abschluss der Projektphase1 ein bedeutender Meilenstein erreicht.
Phase1: IIoT-basiertes Informationssystem
Mit Abschluss der Projektphase1 wurde das neu entwickelte BARA-Informationssystem in den aktiven Betriebsmodus geschaltet. Grundlage hierfür ist die IIoT-Plattform, die im Rahmen der Partnerschaft mit InfraServ Wiesbaden passgenau weiterentwickelt wurde. Das neue System ermöglicht eine weitgehend automatisierte Erfassung und Bereitstellung von Informationen, die für den Anlagenbetrieb und für die Erfüllung der von Behördenseite vorgeschriebenen Dokumentationspflichten benötigt werden. Die Daten werden mithilfe umfangreicher Sensorik und Analytik gesammelt. Aktuell geht es um etwa 1.800 unterschiedliche Messgrößen. Zur Erfassung auf der Plattform zählt auch der Datenimport von Ergebnissen eines angeschlossenen Analytik-Labors bei Infraserv Höchst. In das neue Informationssystem wurden außerdem die im Altsystem gespeicherten Daten rückwirkend bis 2009 integriert.
Die im System erfassten Daten zeichnen sich durch eine wesentlich höhere Genauigkeit und Zuverlässigkeit aus und sie erlauben die Ableitung präziserer Kennzahlen. Die hochkomplexen Verfahrensschritte bei der biologischen Abwasseraufbereitung lassen sich so wesentlich leichter und exakter analysieren. Ausgewählte Parameter wie die Schmutzfrachten in den einzelnen Verfahrensstufen können zudem über frei wählbare Zeitstrahle visualisiert werden.
Das neue System ermöglicht außerdem die Erstellung eines digitalen Betriebstagebuchs und die automatisierte Berichterstellung für die Betriebsleitung wie auch für die Behörden, denen die Überwachung der Anlage obliegt. Der BARA-Betrieb wird zusätzlich erleichtert durch die automatisierte Planung von Probeentnahmen mit entsprechendem Etikettenausdruck. Unterm Strich wird der Anlagenbetrieb schon mit Abschluss der Projektphase1 deutlich effizienter.
„Als Industrieparkbetreiber sind wir dabei, neue digitale Kompetenzen aufzubauen, um den Wandel in Richtung einer digital-gesteuerten Industrie 4.0 mitzugehen. Es geht dabei um bessere Effektivität und höhere Effizienz unserer eigenen Ver- oder Entsorgungsanlagen. Es geht ebenso um moderne Angebote für unsere Kunden, denen wir langfristig attraktive Produktionsbedingungen im Industriepark bieten möchten. Der Abschluss der ersten Phase des Pilotprojekts für die digitale Steuerung unserer Abwasserreinigungsanlage ist ein großer Erfolg. Wir freuen uns sehr, mit SAMSON einen hoch-innovativen und zielstrebigen Partner an unserer Seite zu haben.“
— Jörg Kreutzer, Geschäftsleiter InfraServ Wiesbaden.
Phase 2&3: Digitale Datenanalyse und KI-basierte Prozesssteuerung
In der im Januar 2021 angelaufenen Phase2 des Pilotprojekts steht nun die Datenanalyse hier im Vordergrund. Mit dem Beginn der systematischen Datenerhebung werden vom Projektteam Kennzahlen definiert und vom System berechnet. Es geht um Kennzahlen, die für weitergehende und der Prozessoptimierung dienende Datenanalysen herangezogen werden. Sukzessive sollen in den kommenden Monaten immer mehr zusätzliche Prozessdaten in das Informationssystem integriert werden. So sollen beispielsweise auch neue Zusammenhänge zwischen den Stoffzuflüssen der Standortunternehmen und den Betriebsmitteleinsätzen auf der BARA aufgedeckt werden.
Die Nutzung dieser Plattform bietet den grundlegenden Vorteil, dass sie unterschiedlichste Datenquellen einbezieht und mithilfe der neu programmierten Schnittstellen eine wesentlich umfassendere „Connectivity“ der Anlage bzw. des Systems ermöglicht. Entgegen tradierter Computersysteme können zudem Zeitreihendatenbanken erstellt werden, die eine leistungsfähige Aufbereitung und Analyse der Daten inklusive vielfältiger Visualisierungsoptionen bieten.
Im Laufe des ersten Halbjahres 2021, so die Planung, wird das Projekt sukzessive in Phase3 übergehen, bei dem es neben der Datenanalyse auch bereits in Richtung digitale Prozesssteuerung geht. Hierfür sollen von den Projektpartnern selbstlernende KI-Algorithmen (Künstliche Intelligenz) entwickelt und eingesetzt werden, die Vorschläge für die verbesserte Anlagen- und Prozesssteuerung berechnen. Perspektivisch soll so schrittweise auf eine weitgehend automatisierte Prozesssteuerung umgestellt werden, wobei die ermittelten KI-Parameter dann direkt einzelne Prozessparameter ansteuern.
Digitale Zwillinge & Pilotprojekt
Das Pilotprojekt ist Bestandteil einer zeitlich nicht befristeten Zusammenarbeit für die gemeinsame Weiterentwicklung für die Prozessoptimierung und Anlagensteuerung. Das Unternehmen betreibt hierfür eine mandantenfähige IIoT-Plattform, mit der industrielle Anlagen digitalisiert, visualisiert und automatisiert gesteuert werden können, wobei über flexible Schnittstellen die Anbindung von kundenseitigen Systemen sowie externe Analysetools ermöglicht wird. ISW entwickelt und implementiert als Industrieparkbetreiber und Industrieserviceanbieter für Unternehmen innerhalb und außerhalb des Parks analoge und digitale Lösungen für diesen Aufgabenbereich, wobei digitale Angebote auf Grundlage intelligenter Datenanalysen unter dem Produktnamen „KI Konzept“ angeboten werden. Für ein Maximum an Datensicherheit erhalten Kunden über das ISW-Rechenzentrum individualisierte Zugriffe auf die geschützte IIoT-Plattform.
Die Kooperationspartner verfolgen das Ziel, die Plattform gemeinsam weiterzuentwickeln und auszubauen. InfraServ Wiesbaden bringt hierfür die eigene Industrieerfahrung sowie Programmierungsaufträge für konkrete Steuerungsprozesse für Eigenanlagen wie im Falle der BARA oder für die Umsetzung von Kundenanforderungen in die Kooperation mit ein. Im Ergebnis entstehen „digitale Zwillinge“ der betrachteten Systeme, mit denen Simulationen von Anlagensteuerungen, Analysen von Energie- oder Warenflüssen und Lösungsansätze für eine intelligente, vorausschauende und kosteneffiziente Instandhaltung von Anlagen und Geräten für Industrie & Mittelstand 4.0 ermöglicht werden.