Klimakrise bedeutet Wasserkrise – denn die Folgen des Klimawandels sind an der Verfügbarkeit von Wasser am deutlichsten spürbar, zum Beispiel durch verschmutztes oder zu wenig Wasser. Auch die globale Ernährungs- und Energiesicherheit ist eng mit der Wasserversorgung verknüpft. Wissenschaftler und Praktiker der BMBF-Fördermaßnahme „Globale Ressource Wasser“ appellieren daher an die Politik zum gestrigen Weltwassertag: Nachhaltiges Wassermanagement muss stärker in den Fokus der Klimaanpassung rücken.
Zwei Drittel der Weltbevölkerung leiden schon heute mindestens einen Monat im Jahr unter schwerer Wasserknappheit – Tendenz steigend. Die natürlichen Vorräte an sauberem Wasser erschöpfen sich schneller als sie erneuert werden. Die Übernutzung der globalen Wasserressourcen führt zu Interessenskonflikten. Bevölkerungswachstum und Klimawandel können die Wasserkrise noch verstärken. Zudem sind in Zeiten des weltweiten Handels lokale und regionale Wasserressourcen und Wassersysteme global vernetzt: Zu den Bedürfnissen der Menschen bei uns kommen die Bedürfnisse der Menschen am anderen Ende der Welt.
Ein Beispiel: Kupfer wird für die Produktion von Solaranlagen genutzt. Der Abbau von Kupfer erfordert große Wassermengen. Wird für eine Solaranlage Kupfer importiert, hat dies einen Einfluss auf die Wasserressourcen im Exportland. So kann die Energieproduktion in einem Land den Wasserstress in einem anderen Land erhöhen und es notwendig machen, auf die lokalen Folgen für Umwelt und Gesellschaft zu achten.
90 Institutionen, 12 Projekte: Die Fördermaßnahme „Globale Ressource Wasser“
Solche global-lokalen Zusammenhänge werden seit 2017 in der Fördermaßnahme GRoW des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) untersucht. GRoW denkt die Wechselwirkungen zwischen Wasser, Energie, Ernährung und Klima zusammen. So kann GRoW dazu beitragen, die Klimakrise durch die Bewältigung der Wasserkrise einzudämmen. Die Forschungs- und Praxisteams von GRoW liefern dringend benötigtes Fachwissen zur Verfügbarkeit und zum Zustand der weltweiten Wasserressourcen. Zudem entwickeln sie Lösungen für ein klimaresilientes Wasserressourcenmanagement vor Ort. Mehr als 90 Institutionen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Praxis sind in 12 Verbundprojekten beteiligt. GRoW ist eine der größten Fördermaßnahmen weltweit zu diesem Thema. Ergebnisse der Fördermaßnahme werden – abhängig von den aktuellen Entwicklungen – Ende Juni auf einer Abschlusskonferenz in Berlin vorgestellt.
Appell zum Weltwassertag an die Politik
GRoW unterstützt die Forderung der Vereinten Nationen zum Weltwassertag 2020 an die Klimapolitik: „Wir können nicht mehr warten. Klimaschutzpolitik muss nachhaltiges Wassermanagement in den Fokus rücken”. Dafür empfiehlt GRoW, das Potenzial digitaler Innovationen für klimaresilientes Wassermanagement besser zu nutzen und in globalen Lieferketten das lokale Wassermanagement zu berücksichtigen. Die Wissenschaft kann entscheidend dazu beitragen: erstens mit Fachwissen für betroffene Akteure und zweitens, indem sie klare Zuständigkeiten aufzeigt, um Wasserressourcen nachhaltig zu managen.
Kernfragen zum Thema Klimawandel in den GRoW-Forschungsprojekten sind:
Wie können Unternehmen in Zeiten des Klimawandels mit dem Risiko „Wassermangel“ umgehen?
Viele von Deutschland importierte Waren stammen aus sehr wasserknappen Regionen der Erde: Baumwolle aus Zentralasien, Getreide aus Nordafrika oder Erze aus Wüstenregionen. Unternehmen messen und managen ihren Wasserverbrauch in erster Linie an Produktionsstandorten. Doch hinter Lieferketten verbergen sich oft relevante Wassernutzungen und durch den Klimawandel auch erhebliche Risiken. Das GRoW-Projekt WELLE entwickelt hierzu eine Methode zur Bestimmung des Wasserfußabdrucks von Unternehmen. Direkte und indirekte Wassernutzungen in den Energie- und Materialvorketten werden berücksichtigt. Industriepartner des Projekts können damit Maßnahmen ergreifen, um Wasserknappheit an lokalen Brennpunkten ihrer Wertschöpfungsketten zu verringern.
Wie viel Wasser wird künftig verfügbar sein?
Mit dieser Frage beschäftigen sich die GRoW-Projekte SaWaM und MedWater – Projekte mit Fokus auf Trockenregionen und die Mittelmeerregion, einem Hotspot für die Auswirkungen des Klimawandels. Mithilfe von Satelliten- und Modelldaten werden verfügbare Wasserressourcen untersucht. Alle global und öffentlichen verfügbaren Beobachtungs- und Vorhersageinformationen werden zusammengetragen und regionalisiert, um die Wasserverfügbarkeit der kommenden Wochen und Monate vorherzusagen und die Wassernutzung zu optimieren. „Besonders relevant ist dies für aride und semi-aride Gebiete, die schon jetzt von Wassermangel geprägt sind – das betrifft immerhin 40 Prozent der Landflächen auf der Erde“, erklärte Professor Harald Kunstmann, stellvertretender Leiter des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU) des KIT in Garmisch-Partenkirchen.
Ist Wasserknappheit ein Risiko für die Energiewende?
Wasser ist für die Nutzung fossiler und erneuerbarer Energieträger ein bedeutsamer Faktor. Das GRoW-Projekt WANDEL prüft daher die Auswirkungen von Wasserknappheit auf die Neuausrichtung der Energieversorgung. Dafür vergleicht es verschiedene Energiesysteme mit Blick auf ihren weltweiten Wasserverbrauch. Berücksichtigt werden der direkte Wasserbedarf und die Wasserverschmutzung am Standort des Kraftwerks, zum Beispiel bei thermischen Kohlekraftwerken im Einzugsgebiet Oberweser oder beim Zuckerrohranbau für Biomasse in Brasilien. Auch indirekte Verbräuche fließen in die Analyse ein – wie beispielsweise Kupferimporte für Solarthermie.
Wie kann rechtzeitig vor Dürren und ihren Folgen für die Ernährungssicherheit gewarnt werden?
Dürren wirken sich auf Wasserressourcen, die Produktivität im Pflanzenbau, den Handel mit Nahrungsmitteln und den Bedarf an internationaler Nahrungsmittelhilfe aus. Diesen Zusammenhang untersucht das GRoW-Projekt GlobeDrought und baut ein Informationssystem für Dürreereignisse auf. Mit Partnern wie der Universität der Vereinten Nationen entwickelt das Projekt ein experimentelles Frühwarnsystem, um kritische Dürrezustände sowie den Bedarf an Nothilfe zu erkennen.
Wie nachhaltig wird Wasser in der Landwirtschaft genutzt?
Der weltweit größte Verbraucher der global verfügbaren Wasserressourcen ist mit Abstand die Landwirtschaft. Im internationalen Handel mit Agrargütern wird das für ihre Produktion notwendige Wasser mitgehandelt. Dabei wird bisher nicht berücksichtigt, dass Landwirtschaft und Ökosysteme zum Beispiel gegenüber Klimaschwankungen anfällig sind. „Wir entwickeln präzisere Instrumente als bisher, um die Effizienz der landwirtschaftlichen Wassernutzung weltweit zu beobachten und zu bestimmen“, sagt der Koordinator des GRoW-Projekts ViWA, Wolfram Mauser, Lehrstuhl für Geographie und geographische Fernerkundung, LMU.
Sauberes Wasser für alle – aber wie?
Die Trinkwasserversorgung der Millionenstadt Lima steht durch den Klimawandel extrem unter Druck. Mithilfe von neuen Methoden werden Wassermenge und ‑qualität in Oberflächengewässern im GRoW-Projekt Trust für Lima erfasst und auch Nutzungskonflikte – beispielsweise zwischen Bevölkerung und kommerzieller Landwirtschaft – berücksichtigt. Damit setzt sich dieses Projekt mit einer dringlichen Problematik auseinander: Wasserkrise durch zunehmende Urbanisierung, gepaart mit den Folgen des Klimawandels.