„Abwasserleitungen müssen dicht sein. Dies kann nur durch regelmäßige Kontrollen gewährleistet werden, wie sie bei vielen anderen technischen Anlagen routinemäßig durchgeführt werden. Autos werden ganz selbstverständlich alle zwei Jahre überprüft und nicht erst, wenn Lenkung oder Bremsen kaputt sind.“ So kommentiert der Präsident der Deutschen Vereinigung für ‚Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), Prof. Dr. Uli Paetzel, die Absicht der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, schon ab Anfang 2020 die Prüfpflichten für private Abwasserleitungen weiter einzuschränken. Dipl.-Ing. Dirk Bellinghausen, Geschäftsführer des Güteschutz Grundstücksentwässerung, ergänzt: „Die Gebäude- und Grundstücksentwässerung und die öffentliche Kanalisation sind technisch gesehen eins. Nur wenn alle Anlagenteile zusammenwirken, kann das Gesamtsystem störungsfrei funktionieren.“ Abgelehnt wird das Vorhaben auch beim Güteschutz Kanalbau, der sich für die gütegesicherte Herstellung und Instandhaltung von Abwasserleitungen und ‑kanälen einsetzt: „Aus technischer Sicht müsste die Prüfung des privaten Teils des Abwassernetzes auf vergleichbarem Niveau stattfinden wie die Prüfung des öffentlichen Teils. Anderenfalls fällt es schwer, den Sinn der Prüfung zu erklären. Aus Sicht des Umweltschutzes wäre eine bundesweite Regelung für die Prüfung von Grundstücksentwässerungen und öffentlichen Kanälen anzustreben“, sagt dessen Geschäftsführer, Dr.-Ing. Marco Künster. Wesentliche Akteure aus der Fachwelt sehen das Vorhaben der Landesregierung somit kritisch.
Die nordrhein-westfälischen Regierungsparteien CDU und FDP wollten am 19. Dezember 2019 den Landtag beschließen lassen, dass die Gesetzeslage so geändert werden soll, dass die von der Vorgängerregierung eingeführte Prüfpflicht für private Abwasserleitungen, also solche, die vom Haus über private Grundstücke zur Kanalisation in der Straße führen, weitgehend abgeschafft wird. Die beiden Parteien hatten dies im geltenden Koalitionsvertrag zwischen CDU und FDP im Jahr 2017 so vereinbart. Mit ihrer Initiative zur Umsetzung dieser Abmachung aus dem Koalitionsvertrag setzen sich die Koalitionäre allerdings über Studien hinweg, denen zufolge die Schadensrate bei privaten Abwasserleitungen mit schätzungsweise 50 bis 70 Prozent deutlich höher ist als bei öffentlichen. Dies kann das Grundwasser gefährden.