Das Institut für sozial-ökologische Forschung hat den aktuellen Zustand der weltweit verfügbaren Wasserressourcen analysiert. Die heute veröffentlichte Studie „The Status of Global Freshwater Resources“ ist eine Grundlage, um wirtschafts- und innovationspolitische Maßnahmen für eine sichere Wasserversorgung der Zukunft entwickeln zu können. Die Expert:innenkommission Forschung und Innovation hatte die Studie für ihr Jahresgutachten 2025 in Auftrag gegeben, das heute an Bundeskanzler Olaf Scholz übergeben worden ist. Das Gutachten widmet sich unter anderem Innovationen in der Wasserwirtschaft.
Wasserressourcen stehen weltweit zunehmend unter Druck. Zum einen verändert der Klimawandel den globalen hydrologischen Kreislauf, wodurch Wasserextreme wie Dürren und Hochwasser häufiger und ausgeprägter werden. Zum anderen verändern sich gesellschaftliche Muster der Wassernutzung, was Konflikte um die Ressourcen zur Folge hat. Vor diesem Hintergrund stellt die sichere Wasserversorgung der Zukunft eine Herausforderung dar.
„Um Anpassungslösungen an die kommenden Veränderungen im weltweiten Wasserhaushalt ausloten zu können, ist eine Bestandsaufnahme der verfügbaren Wasserressourcen notwendig, sowohl auf globaler als auch auf regionaler Ebene“, sagt Robert Lütkemeier, der am Institut für sozial-ökologische Forschung das Forschungsfeld Wasser und Landnutzung leitet. „Wir müssen Bedarf, Mengen und Qualität unserer Wasserressourcen kennen, wenn wirtschafts- und innovationspolitische Maßnahmen wirken sollen.“
Wasserstress nimmt zu – aber regionale Unterschiede bestehen
Für die Schwerpunktstudie „Innovationen in der Wasserwirtschaft“ des Gutachtens der Expert:innenkommission Forschung und Innovation haben Robert Lütkemeier und Co-Autor Ahmad Awad den wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Zustand der weltweit vorhandenen Wasserressourcen geprüft. Zur Bewertung der verfügbaren Wassermenge haben die Forschenden Beobachtungsdaten verschiedener Plattformen wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation Aquastat und das Statistikamt der Europäischen Union sowie Modelldaten aus dem Inter-Sectoral Impact Model Intercomparison Project analysiert, die Einblicke in vergangene, gegenwärtige und zukünftige Bedingungen bieten. Um das zukünftige Ausmaß an Wasserstress abzuschätzen, erzeugte das Team des Instituts für sozial-ökologische Forschung Simulationen von Wasserentnahmen und stellte diese den Daten zu den erneuerbaren Wasserressourcen gegenüber.
„Grundsätzlich sind die Bewertung von Wasserstress und die konkrete Vorhersage zukünftiger Veränderungen aufgrund der begrenzten vorhandenen Beobachtungsdaten und möglicher sozioökonomischer Schwankungen mit Unsicherheiten behaftet“, betont Lütkemeier. Die Ergebnisse der Studie „The Status of Global Freshwater Resources“ deuten jedoch auf einen Rückgang der erneuerbaren Wasserressourcen in trockenen und subtropischen Regionen hin, wie etwa im Mittelmeerraum. Eine Zunahme ist hingegen in den feuchteren Regionen der gemäßigten Breiten sowie in Monsungebieten zu erwarten.
„Wir müssen derzeit davon ausgehen, dass der Wasserstress zunehmen wird, wobei die Prognosen von Land zu Land unterschiedlich ausfallen“, sagt Lütkemeier. „Mit Blick auf Deutschland sehen wir aber, dass insbesondere die verringerten Wasserentnahmen im Energiesektor das allgemeine Wasserstressniveau senken konnten, wobei Wasserstress auch hier regional unterschiedlich aussehen kann.“ Daher bleiben auch für Deutschland Risiken bei der Wasserversorgung bestehen. „Extremereignisse wie Dürren und Überschwemmungen, wie sie durch den Klimawandel verursacht und verstärkt werden, geben weiterhin Anlass zu Sorge.“
Etwa die Hälfte aller Gewässer weltweit erfüllen Qualitätsstandards
Für die Bewertung der Wasserqualität trugen die Forschenden Indikatoren aus dem Monitoringprogramm der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen sowie Daten aus den Messprogrammen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zusammen. Im Ergebnis zeigen sich regionale Unterschiede der Wasserqualität: Weltweit erfüllen etwa 56 Prozent der Gewässer die allgemeinen Qualitätsstandards nach Maßgabe der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die sich auf den Gehalt von Sauerstoff, Salzen, Stickstoff, Phosphor sowie den pH-Wert beziehen.
„Überraschend ist, dass ein bedeutender Anteil der Gewässer mit schlechter Qualität im Globalen Norden liegt, obwohl dort besser ausgebaute Abwasserreinigungstechniken zur Verfügung stehen als im Globalen Süden“, berichtet Lütkemeier. So zeigen die vorhandenen Daten etwa eine gute Wasserqualität für Subsahara-Afrika.
In Deutschland sei die Mehrzahl der Gewässer trotz Fortschritten bei der Bekämpfung von Umweltverschmutzung durch chemische Schadstoffe, Nährstoffbelastungen und Altlasten wie Quecksilber belastet. „Nur neun Prozent der Oberflächengewässer erfüllen gute ökologische Standards“, sagt Lütkemeier, „außerdem ist das Grundwasser vielerorts durch Nitrate und Pestizide belastet, was Risiken für das Trinkwasser und die Ökosysteme mit sich bringt.“
Verantwortungsvoller Umgang mit Wasserressourcen
Die Autoren Robert Lütkemeier und Ahmad Awad empfehlen dringend, integrierte und anpassungsfähige Wasserbewirtschaftungsstrategien zu etablieren. „Das Ziel muss ein verantwortungsvoller Umgang mit den verfügbaren Wasserressourcen sein. Und das heißt, auch im Wassersektor den Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen, die sozioökonomischen Entwicklungen der Zukunft zu berücksichtigen und die Umweltverschmutzung einzudämmen“, sagt Lütkemeier. Hierfür sei auch die Zusammenarbeit zwischen Interessengruppen und Regierungen entscheidend. Diese müssten sich für einen langfristigen und wirkungsvollen Ressourcenschutz einsetzen und nicht nur technologische, sondern auch organisatorische und soziale Innovationen vorantreiben.
Um eine nachhaltige Wasserbewirtschaftung auch für künftige Generationen zu gewährleisten, sei zudem die Verbesserung der Qualität und Verfügbarkeit von wissenschaftlichen Daten notwendig. „Politik, Verwaltung und Wirtschaft benötigen zuverlässige Prognosen“, betont Lütkemeier. Insbesondere in Regionen, die bereits von Wasserknappheit betroffen sind, erweise sich der Mangel an validen Daten als kritisch für die sichere Wasserversorgung.