Hochwasser und Überflutungen ohne Ende. Aktuell steht der Süden und Südwesten Deutschlands unter Wasser. Ergiebige und anhaltende Niederschläge haben zu extremen Überflutungen geführt. Die Hochwasserkatastrophe im Saarland ist nur wenige Wochen her. Seit dem Winterhochwasser 2023/2024 mit großflächigen Überflutungen vor allem im Norden sind erst wenige Wochen vergangen. Ein „Weiter so“ kann und darf es nicht geben. Klimawandel bedeutet nicht nur globale Erwärmung, Klimawandel bedeutet auch stationäre Wetterlagen mit anhaltendem und intensivem Dauerregen. In Kombination mit der immer noch zunehmenden Versiegelung der Landschaft und der Städte lassen sich großflächige Überflutungen dann kaum noch vermeiden. „Deutschland muss die wasserwirtschaftliche Klimaanpassung zeitnah und umfassend intensivieren. Deiche und Dämme müssen saniert und gewartet werden, Wasser muss möglichst ortsnah versickert werden, die Gewässer brauchen wieder mehr Platz. Klimaanpassung kostet viel Geld, keine Klimaanpassung kostet aber noch deutlich mehr“, betont Dr. Lisa Broß, Sprecherin der Bundesgeschäftsführung der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall.
Wasserrückhalt in der Fläche!
Absolute Priorität muss die Schaffung zusätzlicher Rückhalteräume für Wasser haben. Die Ausweitung von Retentionsflächen muss in der Stadt- und Raumplanung ein stärkeres Gewicht erhalten. Dafür sind auch gesetzliche Anpassungen notwendig. So müssen den Wasserverbänden und Gewässerunterhaltungspflichtigen ein rechtlich verbrieftes Vorrecht beim Erwerb gewässernaher Flächen garantiert werden. Dies gilt auch für sogenannte Notpolder, Flächen, die nur im Notfall geflutet werden können, ansonsten aber anderen, beispielsweisen landwirtschaftlichen, Nutzungen unterliegen. Die Hochwasservorsorge muss Vorrang bekommen.
Denn größtes Umsetzungshindernis für eine verbesserte Hochwasservorsorge stellt in einem dichtbesiedelten Industrieland wie Deutschland weiterhin die Flächenverfügbarkeit dar. Die bestehenden Interessenskonflikte müssen konstruktiv gelöst werden. Möglich ist beispielsweise die Attraktivierung einer gemeinsamen Flächennutzung von Wasserverbänden und der Landwirtschaft. Dies kann über steuerliche Anreize oder angemessene Ausgleichszahlungen durch eine landesweite Fondslösung erfolgen.
Trotz aller möglichen und sinnvollen Maßnahmen zur Hochwasservorsorge, Überflutungen werden sich niemals vollständig vermeiden lassen. Überschwemmungsgebiete sind Überschwemmungsgebiete und keine Baugebiete. In Überschwemmungsgebieten muss ein grundsätzliches Bauverbot gelten und auch beachtet werden. Als Folge des Klimawandels erleben wir bereits heute eine deutliche Zunahme von extremen Niederschlägen, Starkregenereignisse werden intensiver und häufiger. Entsprechend muss auch die Bauordnung beziehungsweise die Planung neuer Wohn- und Gewerbegebiete unter Berücksichtigung von extremen Hochwasser-Ereignissen, die früher nur alle 200 Jahre auftraten, angepasst werden.
Ohne eine deutliche Intensivierung des natürlichen Landschaftshaushalts können Städte und Gemeinden nicht vor Überflutungen geschützt werden. Die Kommunen sind aber auch selbst in der Pflicht, die wasserbewusste Stadtentwicklung die flächenhafte Umsetzung des Schwammstadtprinzips ist eine kommunale Pflichtaufgabe mit hoher Priorität. Der Bau von Gründächern und Maßnahmen zur lokalen Versickerung von Regenwasser auf dem Grundstück müssen in den Bauordnungen zur Pflicht – und nicht nur zur Option – gemacht werden. Deutlich ausgeweitet werden muss auch die Kommunikation mit den Immobilienbesitzer
in besonders von Überflutungen gefährdeten Quartieren. Der teilweise gerade in Sozialen Medien geforderte Ausbau beziehungsweise die größere Dimensionierung der Kanalisation ist hingegen kein realistischer Lösungsansatz. Aufgrund der Wassermassen bei Starkregen ist der entsprechende Ausbau der Kanäle zur sicheren Ableitung von Starkregenereignissen weder technisch machbar noch volkswirtschaftlich sinnvoll.
Hochwasservorsorge und Klimaanpassung kosten viel Geld. Zur Realisierung dieser Maßnahmen muss eine entsprechende Finanzarchitektur geschaffen werden. Aufgrund des direkten Zusammenhangs mit dem Klimawandel fordert die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall, Mittel aus der CO2-Bepreisung für die wasserwirtschaftliche Klimaanpassung einzusetzen.