Die Branche wächst, beim Neubau ebenso wie im Bestand. Werbung braucht das Thema nicht. Die zurückliegenden Jahre mit ihren langen Perioden ohne Niederschlag haben dafür gesorgt, dass Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden Anlagen zur Nutzung des Regenwassers bestellen. Sie suchen geeignete Ansprechpartner. Folgende Tipps helfen bei der Beratung.
Regenwasser kann durch Filter im Zulauf einfach gereinigt und problemlos gelagert werden. Der kalkfreie Rohstoff hilft, für Toilettenspülung, Waschmaschine und Bewässerung Trinkwasser zu sparen – in Einzelfällen bis zu 50 Prozent. Eine Anlage zur Regenwassernutzung in Industrie und Gewerbe ist ebenso Stand der Technik wie im Wohnhaus. Sie besteht aus Sammelleitungen mit Filter und Speicher/Überlauf, einem Leitungssystem zu den Verbrauchsstellen sowie der Pumpentechnik mit automatischer Trinkwasser-Nachspeisung. Wird nur der Garten bewässert, kann die Nachspeisung entfallen.
Einsparung und Zuschuss variieren
Das finanzielle Engagement der Bauherrschaft wird durch Einsparung bei der Trinkwassergebühr belohnt, im Fall von Gartenbewässerung zusätzlich bei der Abwassergebühr. Bleibt der Überlauf des Regenspeichers auf dem Grundstück, zum Beispiel durch Versickerung, entfällt auch die Niederschlags-Ableitungsgebühr. Wie viel das im Einzelfall ausmacht, liegt am Nutzerverhalten und an der Höhe der von Kommune zu Kommune unterschiedlichen Gebühren. Einsparung und Zuschuss bei Regenwassernutzung sind leider nicht einheitlich, denn unser Staat ist nicht zuständig für Trinkwasserversorgung oder Wassersparmaßnahmen. Das ist Sache der Länder und Kommunen. Deren Motiv für ein regionales Förderprogramm kann ein Engpass in der Trinkwasserversorgung sein, zum Beispiel ein Mangel an verfügbaren Ressourcen, oder ein zu klein dimensioniertes Verteilnetz.
Meist jedoch lautet die Begründung wie bei der Umwelt-Beratung in Bremen: „Wasser gibt es bei uns genug, Regen auch. Trinkwasser zu sparen und Regenwasser zu nutzen macht trotzdem Sinn. Langfristig spart das Geld und schont die Grundwasservorräte. Aber es werden auch die Mischwasserkanäle entlastet, Gewässer vor Schadstoffeinträgen geschützt und Keller vor Überschwemmung bewahrt.“ In diesem Bundesland, zu dem die Städte Bremen und Bremerhaven gehören, erhält, wer einen Regenspeicher gemäß Förderrichtlinie baut, einen finanziellen Zuschuss. Grundsätzlich kann jedes Bundesland, jede Stadt oder Gemeinde in Deutschland eine ähnliche Regelung beschließen. Aufgrund der häufig wechselnden Förderungen existiert aber keine aktuelle Liste für Deutschland, die zeigt, wo es Zuschüsse gibt. Es lohnt sich daher, vor dem Einbau einer Anlage bei der zuständigen Kommune nachzufragen.
Ertrag und Bedarf gegenüberstellen
In Deutschland regnet es zu jeder Jahreszeit. Doch von Woche zu Woche variieren Menge, Intensität und zeitliche Verteilung. Berechnungen des Regenwasserertrags basieren auf regionalen Wetterdaten der Vergangenheit. Mit der Prüfung, ob Ertrag und Bedarf in einem guten Verhältnis stehen, beginnt die Planung einer Anlage zur Nutzung von Niederschlagswasser. Hier ein Beispiel:
62,5 Kubikmeter Regenertrag sammelt ein Einfamilienhaus mit Ziegeldach pro Jahr in 86150 Augsburg, aus Multiplikation von:
- Jahresniederschlag in Augsburg 800 mm = 0,8 m (1 mm entspricht 1 Liter pro Quadratmeter)
- Gebäudemaß mit Dachüberstand: Traufe 13,4 m, Giebel 8,1 m (Auffangfläche = horizontale Dachprojektion, hier 108,5 Quadratmeter)
- Ertragsbeiwert, bei Ziegeldach 0,8 (d.h. um 20 Prozent geringerer Ertrag durch Verspritzen, Aufsaugen, Verwehen)
- Hydraulischer Wirkungsgrad, ohne spezielle Regenwasserbehandlung 0,9 (d. h. um 10 Prozent geringerer Ertrag durch gelegentlichen Speicherüberlauf)
56,3 Kubikmeter Jahresbedarf besteht für die Toilettenspülung bei drei Bewohnern und für die Bewässerung von 500 Quadratmetern Garten. Laut Tabelle 1 in DIN 1989-100:2022–07
- … benötigt ein Quadratmeter Nutzgarten/Grünanlage zusätzlich zum Niederschlag pro Jahr 60 Liter (0,06 Kubikmeter pro Quadratmeter). Bei 500 Quadratmetern sind das 500 Quadratmeter x 0,06 Kubikmeter pro Quadratmeter = 30,0 Kubikmeter pro Jahr. Doch Vorsicht, je nach Bodenart (sandig, locker) und Mikroklima (viel Wind oder warm) variiert der Bewässerungsbedarf laut DIN bis zum 4‑fachen des hier angenommenen Wertes!
- … benötigt eine Person im Haushalt für Toilettenspülung pro Tag 24 Liter (8,76 Kubikmeter pro Jahr). Bei drei Personen sind das 3 x 8,76 Kubikmeter = 26,3 Kubikmeter pro Jahr.
Tipp: Ist gemäß örtlicher Satzung ein geeichter Wasserzähler in der Regenwasserleitung zu WC/Waschmaschine einzubauen, um die daraus resultierende Abwassermenge zu erfassen, darf die Gartenwasserleitung davor abgezweigt werden, da durch diese Nutzung kein Abwasser entsteht.
Trockenzeiten bedenken
Wie ergibt sich nun die Speichergröße? Gemäß DIN EN 16941–1:2018–06, vereinfachtes Verfahren in Anhang A.2.1, wird von Ertrag und Bedarf das kleinere Volumen, hier der Bedarf mit 56,3 Kubikmetern, gewählt. Dann wird der daraus resultierende Tagesbedarf von 154 Liter/Tag (
56.300 Liter/Jahr geteilt durch 365 Tage) mit 21 Tagen multipliziert. Dieser Zeitraum gilt als Dauer der statistisch für Deutschland ermittelten Trockenperiode. Das Ergebnis ist ein Nutzvolumen von 3,2 Kubikmetern, bei zuvor vollem Speicher theoretisch ausreichend für drei niederschlagsfreie Wochen. Dass Ertrag und Bedarf nicht weit auseinander liegen und der Ertrag der größere Wert ist, sind gute Voraussetzungen. Dann wird bei starkem Niederschlag der Speicher gelegentlich überlaufen, in der Regel ist aber genug Vorrat da.
Korrekturbedarf bei der Speichergröße besteht allerdings, wenn das Sommerhalbjahr betrachtet wird. Die oben genannte überschlägige Berechnung geht von einem gleichmäßigen Niederschlag und einem gleichbleibenden Bewässerungsbedarf im Jahresverlauf aus. Tatsächlich aber wird im Winter nichts und in der Vegetationszeit eine höhere Tagesmenge für den Garten gebraucht. Ein Zuschlag von 0,5 Kubikmetern macht in diesem Fall Sinn, und bei Annahme von fünf statt drei Wochen Trockenperiode sind es weitere 2,5 Kubikmeter, ergibt zusammen eine Speichergröße von 6,2 Kubikmetern.
Tipp: Wer das Ergebnis schneller haben will, kann ein Online-Rechenprogramm nutzen, z. B. mall.info/dimensionierung. Dort wird den aktuellen klimatischen Veränderungen Rechnung getragen und daher mit fünf Wochen Trockenzeit kalkuliert.
Speicherüberlauf bevorzugt versickern
Wohin mit dem überlaufenden Niederschlagswasser bei vollem Speicher? Früher war der Anschluss der Regenwasserleitung an den Kanal der Kommune vorgeschrieben und kostenlos. Heute wird das untersagt und, falls ausnahmsweise zugelassen, wird dafür Gebühr verlangt. Deshalb sollte die Überlaufmenge nach Möglichkeit versickert und die erforderliche Größe der Sickermulde gemäß Angabe des örtlichen Tiefbau- oder Umweltamtes bemessen werden:
- 10–15 Prozent der Dachgrundfläche ist in Freiburg im Breisgau die erforderliche Muldenfläche, um zu gewährleisten, dass auch bei Starkregen mit der vorhandenen ortsspezifischen Bodendurchlässigkeit das Rückstauvolumen von 30 cm Muldentiefe ausreicht und die Mulde nach spätestens 24 Stunden leer ist.
- Fehlt ein Hinweis der Kommune, wird nach DWA‑A 138, A.2.2, die Größe der Sickermulde errechnet.
Tipp: Die Berechnung bieten kompetente Speicherhersteller ihren Kunden als kostenlosen Service an. Trotz vorhandenem Regenspeicher gilt die komplette Dachfläche als Bemessungsgrundlage, da im schlechtesten Fall von einem vollen Speicher ausgegangen werden muss.
Kann oder darf ausnahmsweise nicht versickert werden, mündet der Speicherüberlauf mit Erlaubnis der zuständigen Behörde in die Kanalisation. Dennoch lässt sich eventuell ein Teil der Niederschlagswassergebühr einsparen.
Tipp: In der Abwassersatzung der Kommune nachsehen und die geplante Anlage der Verwaltung mitteilen. Die Stadt Friedrichshafen z. B. reduziert ab einer bestimmten Speichergröße die Niederschlagswassergebühr um 50 Prozent. Damit wird der Retentionseffekt durch Regenwassernutzung belohnt.
Einbau, Inbetriebnahme und Instandhaltung
Der Einbau eines Regenspeichers aus Beton ist einfach, wenn der komplette Behälter mit Abdeckung vom Kran des Lieferfahrzeugs in die vorbereitete Baugrube versetzt werden kann. Der Transport erfolgt in der Regel direkt ab Herstellerwerk, zum vereinbarten Zeitpunkt, ohne Zwischenlagerung. Ein Sand- oder Splittbett genügt als Auflage in der Baugrube. Zum Verfüllen darf Material des Aushubs wiederverwendet werden. Werden diese Aspekte in die Kalkulation einbezogen, bestehen oft Preisvorteile gegenüber anderen Speicherwerkstoffen. Für die Rohrverbindungen sind Öffnungen mit Dichtungsmanschetten im Fertigteilbehälter vorhanden. Weitere Details zeigt der Einbaufilm unter mall.info/mall-tv-vorteile-betonzisternen. Von Marktführern wird Zubehör wie Filter‑, Pumpen- und Entnahmetechnik gleich mitgeliefert, auf Wunsch auch Material zur Kennzeichnung von Leitungen und Entnahmestellen. Was davon nötig und hilfreich ist, nennt DIN EN 16941–1:2018–06 in den Kapiteln 8–11.
Tipp: Nach Fertigstellung einer Anlage zur Regenwassernutzung kann aus Anhang C dieser Norm das zweiseitige „Inbetriebnahmeblatt“ als Checkliste für die Übergabe an die Kunden genutzt werden.
Technik braucht grundsätzlich Inspektion und Wartung, um dauerhaft zu funktionieren. Das gilt auch für Anlagen zur Nutzung von Regenwasser, obwohl der Aufwand für die Instandhaltung von Jahrzehnt zu Jahrzehnt weniger geworden ist. Der richtige Zeitpunkt für die jährliche Wartung ist der Herbst. Vor der Frostperiode sollte die Anlage zur Regenwassernutzung winterfest gemacht werden. Es lohnt sich dann auch, den Filter nochmals von Laub zu befreien und gründlich zu reinigen. Was sonst zu tun ist, steht auf einer zweiseitigen Liste im Anhang D der DIN EN 16941–1:2018–06.
Tipp: Weil die erforderlichen Maßnahmen unter Zuhilfenahme der vorgenannten Liste leicht zu erledigen sind, bieten viele Sanitärbetriebe den Wartungsservice preiswert an. Bei zuverlässiger Ausführung entsteht so eine langfristige, wertvolle Kundenbindung.
Weitergehende Informationen:
1. DIN EN 16941–1:2018–06. Vor-Ort Anlagen für Nicht-Trinkwasser — Teil 1: Anlagen für die Verwendung von Regenwasser; Deutsche Fassung EN 16941–1:2018. Beuth Verlag. Berlin, Juni 2018.
2. DIN 1989-100:2022–07. Regenwassernutzungsanlagen — Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 16941–1. Beuth Verlag. Berlin, Juli 2022.
3. fbr-Wissen. Regenwasser sammeln und nutzen. Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e. V. (fbr). Darmstadt, April 2019. Download kostenlos unter www.fbr.de/publikationen
4. Ratgeber Überflutungs- und Rückstauschutz. Für Handwerk, Kommunen, Planungsbüros und Wohnungswirtschaft. Mall GmbH, Donaueschingen, 3. Auflage 2023.
Wasserqualität
Wasser aus Regenspeichern gilt als so genanntes Betriebswasser und hat keine Trinkwasserqualität. Dies ist auch nicht erforderlich bei der in Deutschland zulässigen Verwendung für
- Garten bewässern
- Toiletten spülen
- Wäsche waschen
- Geräte in Hof und Garten reinigen
Die weltweit umfangreichsten Untersuchungen zur Wasserqualität stammen aus Deutschland und bestätigen, dass bei fachgerechter Installation und Beschränkung auf die o. g. Verwendung keine Risiken bestehen. Details dazu siehe: Weitergehende Informationen, 3., fbr-Wissen, S. 7+9.
Weshalb zwei DIN-Normen?
In diesem Beitrag wird Bezug genommen auf DIN EN 16941–1:2018–06 und auf DIN 1989-100:2022–07. Als letztere im Juli 2022 erschien, wurde die DIN 1989, die 20 Jahre unverändert für die Regenwassernutzung gegolten hatte, zurückgenommen. Weshalb?
Im Sinne der Harmonisierung von technischen Regeln innerhalb der EU und darüber hinaus musste das zuständige Gremium innerhalb des DIN, der „Arbeitsausschuss für Wasserrecycling, Regen- und Grauwassernutzung“, mit den 34 beteiligten Ländern des CEN (Europäisches Komitee für Normung) einen Konsens finden, um die technische Regel auf einen für alle Mitgliedsländer akzeptablen Stand zu bringen. Da die Norm in Deutschland zuvor schon sehr „ausgefeilt“ war, ist das Ergebnis DIN EN 16941–1:2018–06 aus deutscher Sicht ein Minimalkonsens, veröffentlicht im Juni 2018. In solchen Fällen besteht die Möglichkeit, die zuvor gültigen Regeln in einer so genannten nationalen Restnorm zusammenzufassen, hier in DIN 1989-100. Im Gegensatz zu einer DIN EN gilt eine DIN nur innerhalb Deutschlands.
Für Planung, Ausführung, Betrieb und Wartung von Anlagen zur Regenwassernutzung in Deutschland gilt deshalb seit Juli 2022: Die Anwender der Norm „Vor-Ort Anlagen für Nicht-Trinkwasser — Teil 1: Anlagen für die Verwendung von Regenwasser“ müssen sich ebenfalls mit der Norm „Regenwassernutzungsanlagen — Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 16941–1“ auseinandersetzen.
Klaus W. König, Überlingen