Im Interview erklärt Andreas Kroell, CEO von De.mem, einem börsennotierten australischen Wasserreinigungsspezialisten, wohin der Trend bei der Wasseraufbereitung geht, welche Segmente er als besonders aussichtsreich erachtet und warum sich die Übernahmewelle in diesem Sektor fortsetzen dürfte.
Die Wasseraufbereitung gilt als Zukunftsmarkt. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Trends in diesem Sektor?
Andreas Kroell: Zu den wichtigsten Entwicklungen zählt sicherlich die fortschreitende Wasserknappheit und, daraus folgend, die immer stärker werdende Regulierung, die Unternehmen zu weitreichenden Investments in Wasser- und Abwasseraufbereitungsanlagen verpflichtet. Dies wird ein erhebliches Marktwachstum in den kommenden Jahren sicherstellen. Daher liegt der Geschäftsfokus von De.mem auch auf dem Unternehmenssegment.
Welche Methoden zur Wasser- und Abwasseraufbereitung gibt es?
Kroell: Wasser kann eine Vielzahl von unterschiedlichen Schmutzstoffen enthalten – angefangen von Bakterien und Viren über Schwermetalle und Chemikalien bis hin zu Pestiziden. Entsprechend groß ist die Bandbreite an Verfahren für die Wasseraufbereitung. Welches Verfahren zum Einsatz kommt, richtet sich nach dem Anwendungsbereich, für den es am besten geeignet ist. Das macht die Wasseraufbereitung zu einem sehr fragmentierten Markt. Beispiele für gängige Behandlungsmethoden sind biologische Verfahren, die zum Beispiel für die Behandlung von Abwässern mit hoher organischer Verschmutzung eingesetzt werden. Chemische Verfahren, bei der Chemikalien wie Flockungsmittel zum Einsatz kommen, werden wiederum genutzt, um Trüb- und Feststoffe zu entfernen. Ein weiteres Aufbereitungsverfahren stellt die Membrantechnik dar. Es handelt sich dabei um ein Filtrations- beziehungsweise Separationsverfahren, bei denen durch die Membran – wie bei einem Sieb – eine physische Barriere aufgebaut wird. Diese ist durchlässig für Wassermoleküle, hält jedoch Schmutzstoffe und Partikel, die nicht durch das winzige Sieb passen, zurück.
Auf welche Technologie setzt De.mem den Fokus?
Kroell: Wir haben bewusst unseren Angebotsschwerpunkt auf Membranlösungen gelegt, weil wir diesen Bereich aus technologischer und kommerzieller Sicht für ausgesprochen interessant erachten. Membranen werden oftmals dann eingesetzt, wenn eine sehr gute Wasserqualität erreicht werden soll; beispielsweise für die Generierung von Trinkwasser oder beim Recycling von Industrieabwässern. Membran-Anwendungen werden unserer Meinung nach in den kommenden Jahren auf eine sehr hohe Nachfrage stoßen, nicht zuletzt aus regulatorischen Gründen, da immer mehr Unternehmen zur Wiederverwendung von Abwasser verpflichtet werden. Wir denken, dass wir hier mit unserem Membranportfolio gut aufgestellt sind, wobei unser Fokus den Hohlfasermembranen gilt.
Warum?
Kroell: Zum einen, weil De.mem bei Hohlfasermembranlösungen technologisch gut aufgestellt ist. Zum anderen, weil das Hohlfasermembran-Segment über attraktives Wachstumspotenzial verfügt. Hintergrund ist, dass Hohlfasermembranen bei geringem Betriebsdruck laufen und damit sehr wenig Energie verbrauchen. Auch sind sie einfacher zu betreiben als eine Flachmembran. Das sind wichtige Argumente für unsere Kunden. Wir positionieren uns dabei bewusst als Anbieter für qualitativ hochwertige Produkte.
In den USA befindet sich die von De.mem entwickelte mit Graphenoxid-veredelte Ultrafiltrationsmembran im Zertifizierungsverfahren für den Einsatz als Wasserfilter in US-Haushalten. Haben solche Lösungen das Potenzial zum Massenprodukt?
Kroell: Absolut. Das Marktvolumen für Haushaltsfilter ist ein Milliardenmarkt. Mit unserer Graphenoxid-veredelten Membran können wir ein großes Spektrum in diesem Markt ansprechen.
Sie haben eingangs die zunehmende Regulatorik im Wassersektor angesprochen. Wird sich dieser Trend fortsetzen?
Kroell: Wir spüren diesen Trend täglich in unserem Geschäft – und zwar sowohl in Australien, unserem Hauptmarkt, als auch in Europa, wo wir in Deutschland eine Niederlassung unterhalten. Wenn eine bestehende Anlage die regulatorischen Anforderungen nicht mehr erfüllt oder nicht mehr erfüllen kann, dann sind wir oftmals Anlaufstation und Problemlöser für unseren Kunden. Etwa indem wir den betreffenden Anlagen ein technologisches Upgrade verpassen oder sie durch modernere Technologie ersetzen. Das ist ein wesentlicher Treiber für unser Wachstum und bietet uns die Chance Marktanteile zu gewinnen.
Seit geraumer Zeit ist im Wassersektor eine rege Übernahmeaktivität zu beobachten. Wird sich die Konsolidierung fortsetzen?
Kroell: Meiner Meinung ja. Der Grund liegt darin, dass die Wasseraufbereitung ein sehr traditioneller Sektor ist, mit langen Produktlebenszyklen und starken Kundenbindungen an etablierte Anbieter. Dies bedeutet, das organisches Wachstum schwieriger ist, und zwar insbesondere für solche Anbieter, die über weniger innovative Produkte und Technologien verfügen.
Auch De.mem hat in Vergangenheit schon häufiger Wettbewerber übernommen. Bleiben Zukäufe Teil der Strategie?
Kroell: Wir haben seit 2019 vier kleine Unternehmen akquiriert und erfolgreich integriert, drei davon in Australien und mit Geutec auch eines in Deutschland. Alle vier Unternehmen sind nach der Akquisition deutlich gewachsen, da die Firmen von unserem Verbund und Know-how profitieren. Unsere deutsche Tochter Geutec beispielsweise konnte ihren Umsatz seit der Akquisition im Oktober 2019 in etwa verdoppeln. Zukäufe bleiben für uns auch in Zukunft interessant, sofern sie uns helfen, den Markt schneller zu durchdringen und die finanziellen Bedingungen der Übernahme uns attraktiv erscheinen.
Könnte De.mem aufgrund seines technologischen Knowhows in der Membrantechnologie selbst zum Übernahmeziel eines der großen internationalen Wasserkonzerne werden?
Kroell: Wir denken, dass wir mit einer fortschreitenden Validierung unserer verschiedenen Membrantechnologien für führende Anbieter aus der Industrie sehr interessant werden könnten, entweder zunächst als Partner oder später auch als Übernahmekandidat.