Es sind zwar winzige Partikel, doch lohnt es sich, Gold aus dem Industrieabwasser zurückzugewinnen. Rund 1 Million Kubikmeter Prozesswasser wird in der Produktionsstätte eines europäischen Mikroelektronik-Zulieferers pro Jahr gebraucht, und hier lässt sich Gold im Wert von rund 70.000 Euro herausholen. Über die Jahre fällt das Edelmetall im Abwasser gleich kiloweise an. Hinzu kommen weitere wertvolle Rohstoffe wie Palladium, Nickel oder Kupfer. Rentabel wird die Rückgewinnung der Metalle durch die hocheffiziente Abwasserbehandlungsanlage von Bilfinger, mit der der High-Tech-Kunde seine noch im Bau befindliche Fertigungsstätte ausrüstet.
„Die europäische Halbleiterindustrie bietet ein enormes Marktpotenzial für die nachhaltigen und effizienten Lösungen von Bilfinger. Dank unserer Erfahrung in der Anlagenentwicklung zur nachhaltigen Wasseraufbereitung und ressourcenschonenden Verwendung von Reinstwasser können wir unsere Kunden als Anbieter von Komplettlösungen unterstützen. Unser Fachwissen ermöglicht es uns, den hohen Anforderungen dieser Branche gerecht zu werden und zur ökologischen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit beizutragen“, sagt Thomas Schulz, Vorstandsvorsitzender von Bilfinger.
Die Reinstwasser- und Abwasserbehandlungsanlage, die das Unternehmen für Zulieferer von Halbleiter-Komponenten baut, bietet sich für einen umweltschonenden und rentablen Betrieb der wettbewerbsintensiven Computerteileherstellung an, bei der unter anderem Reinigungs- und Ätzprozesse erfolgen. Sie besteht aus Hunderten von Einzelkomponenten, darunter Pumpen, Filter, Wärmetauscher und elektrische Ausrüstung. Das für die Produktion verwendete Rohwasser wird zunächst in der Reinstwasseranlage von Fremdstoffen befreit, da diese den sensiblen Fertigungsprozess stören können. Im Herstellungsablauf gelangen zahlreiche hoch wirksame Chemikalien in das Reinst- und Prozesswasser. Diese müssen am Ende der Produktion entfernt werden, um das Abwasser so umweltschonend wie möglich und unter Einhaltung der strengen europäischen Normen entsorgen zu können.
Reinstwasser, auch Ultrapure Water (UPW) genannt, wird erzeugt, indem hochreines Wasser in ultrahochreinen Rohrleitungen verarbeitet wird. Dabei werden Verunreinigungen, Mineralien, Mikroorganismen und Spuren von organischen und anorganischen Chemikalien entfernt und es entsteht Wasser in Spezifikationsqualität für die Verwendung in der Mikroelektronik-Fertigung. Zum Einsatz kommen bei der Wasseraufbereitung beispielsweise Aktivkohlefilter, Elektrodeionisation, Entkeimung durch UV-Bestrahlung sowie Osmoseverfahren. Eine Herausforderung bei dem Großprojekt ist es, die Reinstwasseranlage an Ort und Stelle in knapp bemessener Bauzeit zu errichten, während die gesamte Produktionsstätte noch im Bau ist. Nach Fertigstellung müssen Reinraumbedingungen gewährleistet sein, da selbst kleine Staubpartikel den Produktionsprozess stören können.
Das Abwasser, das bei der Mikroelektronikproduktion anfällt, wird in über 100 Becken und Tanks in einem komplexen Prozess, der rund um die Uhr überwacht und protokolliert wird, Schritt für Schritt aufbereitet. Die Anlage muss dabei jederzeit flexibel auf Zusammensetzung und Konzentration der Fremdstoffe im Abwasser reagieren können, um Chemikalien und Rohstoffe – darunter Säuren, Laugen und Schwermetalle – effizient und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte zu entfernen. Bei der Ausfällung, Neutralisation und Rückgewinnung der Fremdstoffe baut Bilfinger auf das vertiefte biochemische Prozesswissen, das der Konzern in vergleichbaren Projekten gesammelt hat. Für das aktuelle Großprojekt sind etwa 50 Ingenieur:innen sowie rund 90 Monteur:innen von Bilfinger Life Science im Einsatz.