Anfang der 1990er Jahre machten sich im hessischen Münzenberg zwei junge Ingenieure auf, eine kaum bekannte Technologie einzuführen, die naturnah, energiesparend und prozesstabil war und mit wenig technischen Bauteilen auskam: die Rede ist von Pflanzenkläranlagen (PKA). Aufgrund der sich damals ändernden Gesetzeslage musste eine Lösung für Abwässer der Aussiedlerhöfe der Region gefunden werden. Da die Kosten eines Kanalanschlusses an die kommunale Kläranlage sehr hoch waren, wurden die Höfe vom Anschlusszwang an die öffentliche Kanalisation ausgenommen und mussten sich nun eigenständig um ihre Abwasserreinigung kümmern.
Zu den damals verfügbaren technischen Kleinkläranlagen wie Tropfkörper- und Belebungsanlagen kamen die neu auf dem Markt erhältlichen Pflanzenkläranlagen hinzu. Mitbewerber beäugten diese Technik eher abschätzig, Befürchtungen wie Geruchsbelästigung, Insektenplagen und aufwändiger Austausch der Filtermaterialien standen im Raum. Trotz der Skepsis und des Gegenwindes waren sich die jungen Ingenieure ihrer Sache sicher, ließen sich nicht beirren und können sich heute, 30 Jahre später, bestätigt fühlen.
Die erste Anlage, die im Sommer 1993 in Betrieb ging, leistet bis heute gute Arbeit, unterschreitet die vorgegebenen Grenzwerte ganzjährig und funktioniert seitdem ohne Reparaturarbeiten oder Ersatzteile, vollkommen stromlos. Die Kosten für Investition und Betrieb haben sich über die Betriebsjahre als musterhaft gegenüber vergleichbaren Systemen herausgestellt. War die Kostenplanung vor 30 Jahren aufgrund fehlender Langzeiterfahrungen noch unklar, so ist das positive Ergebnis heute unbestreitbar.
Seitdem hat sich die Technologie weiterentwickelt. Waren die ersten Anlagen horizontal durchströmt, kommen heute vor allem vertikale, schwallartig beschickte Systeme zum Einsatz. Zudem eröffnen hybride, zweistufige Bauweisen andere Möglichkeiten für komplexe Abwässer und erhöhte Reinigungsanforderungen. Heute baut Janisch & Schulz weltweit Pflanzenkläranlagen für kleine, mittlere und große Anwendungen, die größte Anlage mit 20.000 Einwohnerwerten wurde 2021 in Cihuatlan in Mexiko eingeweiht. Neben Deutschland und Mexiko arbeiten Ingenieure von Janisch & Schulz heute in Paraguay und Argentinien an der Erschließung neuer Märkte und am aktiven Umweltschutz mit ihren naturnahen Wasseraufbereitungssystemen.
Derzeit testet das Unternehemen auf dem Hof der Familie Bender eine Pilotanlage einer “elektroaktiven PKA”. Dieser innovative Aufbau erzeugt neben gesteigerter Reinigungseffizienz pro Fläche ebenfalls noch Strom. Diese Technik wird international “Constructed Wetland Integrated Microbial Fuel Cells (CW-MFCs)” genannt. Das Konzept hinter dieser Technologie ist die Verschmelzung von Pflanzenkläranlage und Mikrobieller Brennstoffzelle. Bei dieser Technologie wird das nichtleitende Substrat (Sand und Kies), das normalerweise in bepflanzten Bodenfiltern vorhanden ist, durch leitfähiges Material ersetzt, beispielsweise Graphit, Kohle oder Koks. Das leitfähige Material beschleunigt die biochemischen Vorgänge der Abbauprozesse, außerdem wird dabei Bioelektrizität erzeugt. Somit reduziert dieser Ansatz nicht nur den Flächenbedarf von Pflanzenkläranlagen um mindestens 50 Prozent, sondern hat auch die Fähigkeit Energie zu produzieren. Dieser Ansatz ist im Labormaßstab gut dokumentiert, nun sollen diese Ergebnisse unter realen Bedingungen überprüft werden.