Der Fachausschuss HW‑4 Hochwasserrisikomanagement in der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) plant, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die das Themenfeld Resilienz im Hochwasserrisikomanagement bearbeitet. In diesem Aufgabenfeld werden sowohl Überschwemmungen aus Flusshochwasser betrachtet, als auch Überflutungen aus lokalen Starkregen. Damit erweitert sich das Aufgabengebiet der geplanten Arbeitsgruppe auf die Betrachtung von Resilienz und Vulnerabilität im gesamten Bereich des Hochwasser- und Starkregen-Risikomanagements. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit für eine Hauptausschuss-übergreifende Bearbeitung der Thematik.
Mit Implementierung der Europäischen Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie (HWRM-RL) wurde 2007 das Hochwasserrisikomanagement rechtlich fundiert und als zentrale Strategie im Umgang mit der Hochwassergefahr eingesetzt. Nach Erstellung und Veröffentlichung der Hochwasserrisikomanagementpläne wurde die erste Phase des Umsetzungsprozesses Ende 2015 abgeschlossen. Zieht man eine Bilanz, so konnten – unabhängig von den zweifellos erreichten zum Teil deutlichen Verbesserungen in der Hochwasservorsorge – jedoch auch einige Schwächen festgestellt werden. Eines der wichtigsten Ziele, die flächendeckende und nachhaltige Reduzierung der Schadenspotentiale in den Hochwasserrisikogebieten – insbesondere den durch technische Hochwasserschutzanlagen, wie z.B. Deichen — aber auch durch Hochwasserrückhaltebecken, geschützten Flächen – wird vermutlich in keiner einzigen der großen Europäischen Flussgebietseinheiten erreicht werden können. Dieses ist wesentlich das Resultat des „Deichparadoxon“, welches regelmäßig zu einer Anhäufung von [materiellen] Werten in vermeintlich geschützten Bereichen führt. Bei Starkregen-induzierten Überflutungen sind Siedlungen, Gebäude und Infrastrukturanlagen in gleicher Weise betroffen wie bei Flusshochwasser. Da dies auch auf Flächen zutrifft, die weitab von Flüssen liegen, ist die Ermittlung der Schadenspotenziale und Resilienzen auch für diese Gebiete erforderlich. Hierfür bedarf es eigener Instrumente, die z.B. im Merkblatt DWA‑M 119 „Risikomanagement in der kommunalen Überflutungsvorsorge für Entwässerungssysteme bei Starkregen“ erläutert werden.
Im „Kreislauf des Hochwasserrisikomanagements“, wie er z.B. durch die Bund-Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) 2010 formuliert wurde, finden bestimmte wichtige Aspekte nach heutiger Einschätzung nicht ausreichend Berücksichtigung. So ist zum Beispiel die Fähigkeit, die Folgen eines Hochwasserereignisses erfolgreich zu bewältigen, von einer Vielzahl verschiedener Faktoren abhängig, die bisher nur unzureichend erfasst und beschrieben wurden. Dazu zählen die Bewältigungskapazität ebenso wie die Parametrisierung und Quantifizierung wesentlicher Aspekte der Hochwasser- und Starkregenvorsorge.
International spielt das Thema der „Resilienz“ vor allem im Zusammenhang mit den zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels eine zunehmende Rolle. Forschungsergebnisse zeigen, dass Resilienzansätze auch eine Verbesserung im bestehenden System des Hochwasser- und Starkregenrisikomanagements leisten können. Resilienz kann grundsätzlich als „Fähigkeit von Individuen, Gesellschaften oder sozioökonomischen Systemen beschrieben werden, eine plötzliche Belastung durch Krisen oder Katastrophen zu bewältigen und die Funktions- und Handlungsfähigkeit schnellstmöglich wiederherzustellen“ (Munich Re, 2017).
Geplant ist die Erarbeitung eines Heftes in der Reihe der DWA-Themen durch eine personell und inhaltlich neu ausgerichtete Arbeitsgruppe HW 4.7 „Resilienz im Hochwasserrisikomanagement“ mit folgenden Schwerpunktaufgaben:
- Definition und vertiefende Erläuterung der Begriffe „Resilienz“ und „Vulnerabilität“ im Kontext des Hochwasser- und Starkregenrisikomanagements – Flusshochwasser und Starkregen
- Betrachtungen des Risikomanagement-Kreislaufs – Definition von Erkenntnislücken und strategischen Anknüpfungspunkten
- Modellierung der natürlichen Hochwasser- und Sturzfluten auslösenden Prozesse (Flusshochwasser und Starkregen) und deren Auswirkungen auf betroffene Objekte / Infrastruktur / Systeme
- Methodische Ansätze zur Bewertung der Auswirkungen von Hochwasser- und Starkregenereignissen und zur Ableitung von Parametern, die die Resilienz beschreiben und quantifizieren
- Beschreibung der „Resilienz-Wirkung“ von Maßnahmen
- Beispiele aus der Praxis – existierende Studien und Forschungsergebnisse
- Weitergehende Resilienz- / Vulnerabilitätsbetrachtungen (einschl. medizinisch-/psychologischer Auswirkungen)
- Anknüpfungspunkte an bestehende einschlägige DWA-Regelwerke
Das Vorhaben ist eingebunden in die Bearbeitung des breiten Themenfeldes „Anpassung an den Klimawandel“ innerhalb der DWA und wird mit Initiativen wie z.B. zur „wassersensiblen Stadtentwicklung“ abgestimmt.