Der Wettbewerb um Wasserressourcen zwischen Landwirtschaft, Industrie und öffentlicher Wasserversorgung nimmt zu. Angesichts des steigenden Bedarfs ist eine europäische Regelung über Möglichkeiten der Wasserwiederverwendung in der Landwirtschaft dringend erforderlich. Deshalb ist es konsequent, dass die EU-Kommission einen Gesetzentwurf dazu ausgearbeitet und europäischen Gremien zur Beratung vorgelegt hat. Doch der Vorschlag in seiner jetzigen Form lässt nicht nur Chancen ungenutzt, sondern auch dringende Umweltschutzbelange unbeachtet. In einem Diskussionspapier nehmen Wasserexpert/innen des ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung Stellung zu dem vorgelegten Entwurf der EU-Verordnung und geben Empfehlungen für eine Überarbeitung.
Die anhaltende Dürre in den Sommermonaten hat auch in Deutschland gezeigt, welche Schäden entstehen, wenn die Verfügbarkeit von Wasser eingeschränkt ist. Vielerorts ist Trinkwasser knapp geworden, die Landwirtschaft muss sich auf Ernteeinbußen einstellen, Städten und Gemeinden stehen Investitionen in ausgetrocknete Grünflächen bevor. Im Zuge des Klimawandels sind künftig neue Verfahren gefragt, um Wasser in ausreichender Menge und Qualität für unterschiedliche Bereiche zur Verfügung zu stellen.
Nicht für alle Bedarfe ist zwingend Trinkwasserqualität notwendig. Gerade für die Bewässerung von Grünanlagen und Gärten, aber auch für die Toilettenspülung oder die Autowäsche muss es nicht unbedingt Trinkwasser sein. Technisch gesehen kann aufbereitetes Wasser längst zuverlässig als alternative Wasserquelle genutzt werden – in der Industrie und im häuslichen Bereich ebenso wie in der Landwirtschaft. Was fehlt, ist eine europaweit handhabbare gesetzliche Regelung, die den Einsatz innovativer Verfahren und die Wasserwiederverwendung nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft erfasst.
Umweltschutz: Nachbesserungen am Gesetzentwurf notwendig
Ende Mai 2018 hat die EU-Kommission dem Europäischen Parlament, dem Ministerrat und den nationalen Parlamenten einen Gesetzentwurf zur Beratung vorgelegt, der die Wasserwiederverwendung in Europa regeln soll. Aus Sicht der Wasserexpert*innen des ISOE ist dieser Entwurf an vielen Stellen noch nachbesserungswürdig. „Eine erfolgversprechende Verordnung für Wasserwiederverwendung muss im Einklang stehen mit Gesundheitsschutz, mit Arbeits- und Umweltschutz“, sagt ISOE-Wasserforscher Engelbert Schramm. Insbesondere der Umweltschutz komme im Entwurf jedoch zu kurz. So werden darin etwa Desinfektionen zukünftig zwingend vorgeschrieben, aber der Einsatz von Chlor, wie er hierfür in vielen Mitgliedsstaaten verwendet wird, wird nicht geregelt. Durch diese Form der Desinfektion gelangen jedoch chlororganische Verbindungen in die Umwelt.
Landwirtschaft muss auf weniger wasserintensive Produktionsverfahren umstellen
Als großes Defizit bewerten Schramm und die Autor*innen des ISOE-Diskussionspapiers, dass die mit der Verordnung hauptsächlich beabsichtigte Wirkung – nämlich die Landwirtschaft gegenüber Trockenheit zu stärken – sich mit den vorgeschlagenen rechtlichen Mitteln nicht erreichen lasse. „Dafür müsste eine Klimaanpassungsstrategie für die europäische Landwirtschaft geschaffen werden, die die Ziele der Kreislaufwirtschaft verfolgt“, sagt Schramm. Die Landwirtschaft müsse sich auf besonders effiziente Produktionsverfahren konzentrieren, die wenig wasserintensiv seien. „Der Umstieg auf alternative Wasserquellen ist wichtig, aber in der Verordnung nicht ausreichend umgesetzt“, sagt Mitautorin Martina Winker. „Der Durst der Landwirtschaft kann nur mithilfe innovativer und nachhaltiger Produktionsverfahren gestillt werden.“ Beispiele hierfür seien etwa hydroponische Systeme, die im Gegensatz zum konventionellen Ackerbau einen geringen Wasserbedarf haben. Darüber hinaus seien die im Gesetzentwurf vorgeschriebenen Techniken für die Wasseraufbereitung zu pauschal gefasst, zentrale Definitionen unzureichend formuliert oder gar nicht vorhanden. Auch seien die möglichen Anwendungsbereiche nicht ausreichend ausbuchstabiert. „Da bleibt das große Potenzial der nachhaltigen Wasserwiederverwendung auf der Strecke“, sagt Engelbert Schramm.