Die verheerenden Niederschläge in 2021 haben allen die zerstörerische Kraft des Wassers vor Augen geführt. Der Klimawandel bringt länger anhaltende Wetterlagen und wärmere Luft mit sich, sodass sowohl Starkregen als auch Dürre häufiger werden. Der seltenere gemäßigte Niederschlag macht sich bereits in einigen Regionen Deutschlands durch Mangelerscheinungen in Ökosystemen, Grundwasserspeichern und der Landwirtschaft bemerkbar. Klimawandelanpassung muss daher beides leisten – sowohl Auswirkungen von Dürre als auch von Starkregen und Hochwasser abmildern.
Die öffentliche Wasserwirtschaft hat bereits umgedacht – so werden in ehrgeizigen Klein- und Großprojekten aufgezeigt, dass Starkregen- und Hochwasservorsorge durch Naturoasen und Naherholungsgebiete mit zahlreichen Synergieeffekten gemeinsam mit der Wasserwirtschaft realisiert werden können. Die Bandbreite an Vorsorgemaßnahmen, die für Hochwasser- und Starkregenschutz zur Verfügung stehen, wurde damit erweitert und zum Teil bereits mit technischen Regelwerken und Leitlinien untermauert.
Die AöW fordert für eine klimaangepasste Hochwasser- und Starkregenvorsorge Bund, Länder und Kommunen dazu auf:
- Einen praxisnahen Rechtsrahmen zu schaffen.
- Die Organisationsstrukturen, sowie Kommunikations- und Meldewege effizient zu gestalten.
- Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten klar zu benennen.
- Die Schnittstellen besser zu verzahnen.
- Die Digitalisierung und den Datenaustausch voranzutreiben.
- Verbindliche Ziele zur wassersensiblen Stadt- und Regionalentwicklung festzulegen.
- Die Finanzierung planbar, praxisnah und umfassend zu gestalten.
Für die zukünftige Hochwasser- und Starkregenvorsorge fordert die Allianz der öffentlichen Wasserwirtschaft e. V. (AöW) als die Stimme der rein öffentlichen Wasserwirtschaft in Deutschland ein verstärktes Engagement des Bundes für eine ressortübergreifende Koordination und bessere Abstimmung mit den Ländern und den Kommunen, aber auch eine dauerhafte Finanzierung und einen praktikablen Rechtsrahmen, der an die heutigen Herausforderungen und Arbeitsweisen angepasst ist. Dazu zählen klare Zuständigkeiten, Schnittstellenmanagement, Verbesserung der Digitalisierung und umfangreichere Finanzierung. Rechtsrahmen für die Hochwasser- und Starkregenvorsorge stärken und praxisnah gestalten
Die Vorsorge vor Hochwasser und Starkregen erfordert eine verzahnte und rechtssichere Zusammenarbeit zwischen den Akteur:innen aus der Wasserwirtschaft und zahlreichen anderen Akteur:innen, wie der Stadt- und Regionalplanung, Straßenbau, Land- und Forstwirtschaft, Katastrophenschutz, Grundstückseigentümer:innen und der Verwaltung. Hier muss unbedingt nachgebessert werden, indem der Rechtsrahmen praxisnah gestaltet wird, um den Ausbau zur wassersensiblen Region zu unterstützen und zu beschleunigen. Angesichts von steigenden Schutzinteressen muss eine klare politische Entscheidung zur
Schwerpunktsetzung bei der Bewältigung von Zielkonflikten in bereits bebauten oder zu bebauenden Gebieten getroffen werden. Um den Akteur:innen Hochwasser- und Starkregenschutzmaßnahmen zu erleichtern, fordern wir eine Überprüfung und Überarbeitung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Hochwasser- und Starkregenvorsorge. Das Ziel muss eine übersichtliche, transparente Gesetzesgrundlage sein, die Zuständigkeiten sowie Kompetenzen klar benennt.
Digitalisierung und Datenaustausch vorantreiben
Die Zusammenarbeit zur Starkregen- und Hochwasservorsorge muss strukturell verbessert werden – Organisationsstrukturen, Kommunikations- und Meldewege sind hierauf zu überprüfen und effizienter zu gestalten. Die Zuständigkeiten der verschiedenen Akteur:innen der Starkregen- und Hochwasservorsorge sind eindeutig zu definieren, gleichzeitig sind die Akteur:innen stärker zu verzahnen, sodass Schnittstellen reibungslos ineinander übergreifen.
Interkommunale Zusammenarbeit muss wirksamer gefördert werden, um integrierte Maßnahmen im Einzugsgebiet zu unterstützen und den wichtigen Wissensgewinn nach regionalen Ereignissen auch überregional nutzen zu können. Hier bietet die Digitalisierung die Vorteile, transparent und anhand einer soliden Datenbasis Starkregen- und Hochwasservorsorge zu unterstützen. Dafür müssen Mess- und Prognosesysteme weiter ausgebaut und eine bundesweite, strukturierte Analyse, Verarbeitung und nutzungsgerechte Aufbereitung der Daten etabliert werden. Es braucht einen umfassenden digitalen Aufbruch, der die Akteur:inn bei der Starkregen- und Hochwasservorsorge unterstützt. Die Digitalisierung bietet eine große Chance, Zusammenarbeit zu stärken, Arbeitsabläufe zu straffen und ein hohes Schutzniveau sicherzustellen.
Finanzierung planbar gestalten
Die Finanzierung für Starkregen- und Hochwasservorsorge muss an die erhöhten Schutzanforderungen angepasst werden. Es wird eine umfangreiche, transparente, praxisnahe und langfristig angelegte Förderung benötigt, deren Bürokratieaufwand gering gestaltet werden muss. Ohne eine deutliche Aufstockung der Finanzmittel kann keine zufriedenstellende Starkregen- und Hochwasservorsorge umgesetzt werden. Dabei nicht außer Acht gelassen werden darf, dass auch Schutzmaßnahmen zur Eigenvorsorge stärker gefördert werden müssen. Die im Wasserhaushaltsgesetz festgeschriebene Pflicht zur Eigenvorsorge muss in der Praxis eine stärkere Anwendung finden.
Da Vorsorgemaßnahmen kostengünstiger sind als die Beseitigung von Schadensfällen, ist es aus ökonomischen, ökologischen und ethischen Gründen sinnvoll, allen Kommunen einen unbürokratischen Zugang zu Starkregen- und Hochwasserschutz zu ermöglichen. Finanziell schwachen Kommunen darf der Zugang zur Fördermittelvergabe für Vorsorgemaßnahmen nicht noch durch hohe Eigenmittelanteile erschwert werden.
Das Ziel muss die wassersensible Stadt- und Regionalentwicklung sein, die Wassermangel ebenso wie Starkregen und Hochwasser abmildern kann und somit an den Klimawandel angepasst ist. Derzeit wird ein ganzheitlicher Ansatz zur Klimawandelanpassungausgebremst, indem finanzielle Mittel aus verschiedenen Töpfen nicht kombiniert werden können. Hier kann die Flexibilisierung der Mittelbindung Schutzmaßnahmen erleichtern, welche neben dem Schutz vor Starkregen und Hochwasser zusätzliche Synergieeffekte leisten. So bewirkt beispielsweise die Vernässung ehemaliger Auenwälder auch die Reduzierung von CO2-Emissionen, Anreicherung des Grundwassers sowie Arten- und Biotopenschutz.